Am Ende werden erst recht die kleinen Leut' zahlen: So lautet ein zentraler Einwand gegen eine Erhöhung der Grundsteuer. Gerade auch viele Poster auf derStandard.at führten dieses Argument an, als die Debatte über diese Variante einer Vermögenssteuer in den letzten Tagen hochgekocht war. Die Hausbesitzer, so der Tenor, könnten die Kosten problemlos auf die Mieter abwälzen.

Doch ist das ohne weiteres möglich? Die schnelle Antwort: derzeit ja - allerdings ließen sich gesetzliche Schranken einziehen. Einen Unterschied macht dabei, ob es sich um einen Altbau (vor 1953) oder einen Neubau handelt.

Für erstere Kategorie, rund die Hälfte aller Mietwohnungen (siehe Grafik), gilt ebenso wie für alle geförderten Wohnungen ein Richtwertsystem, das den Mietzins begrenzt. Das Gesetz gestattet aber auch, dass die Grundsteuer als Teil der Betriebskosten den Mietern verrechnet wird. Einen sachlichen Grund dafür sieht Zivilrechtsprofessor Andreas Vonkilch nicht, zumal diese Ausgabe ja nicht vom laufenden Betrieb verursacht werde. Vielmehr handle es sich um ein altes Relikt: Das Recht zur Abwälzung stammt aus einer Zeit, als die Mieten so stark reguliert waren, dass ein Vermieter kaum Profit erwarten durfte.

Nötige Mitrechtsänderung

Ob überholt oder nicht: Schnellt die Grundsteuer in die Höhe, zahlen das eins zu eins die Mieter - es sei denn, das Mietrecht wird geändert. Mietervertreter wie jene der Arbeiterkammer (AK) fordern schon lange, die Grundsteuer aus den Betriebskosten zu nehmen, die Eigentümer wehren sich - auch weil sie einen Dammbruch fürchten, wie Vonkilch sagt: "Trifft eine Erhöhung nicht mehr die breite Mietermasse, ist der Weg für jeden Finanzminister frei, die Steuer weiter nach oben zu drehen." Blechen müsste dann übrigens auch die Stadt Wien, die ihren Gemeindebaumietern die Grundsteuer dem Gesetz entsprechend ebenso verrechnet.

Dass die Vermieter als Alternative die Grundsteuer bei neu abgeschlossenen Verträgen einfach der Miete aufschlagen können, verhindert das Richtwertsystem - in der Theorie. In der Praxis aber kann überhöhter Zins verlangt werden, solange der Mieter nicht Einspruch, in Wien bei der Schlichtungsstelle, erhebt. Weil viele Leute darauf verzichteten, sagt Walter Rosifka von der Arbeiterkammer, "wird laufend ungestraft das Gesetz gebrochen".

Was der Markt erlaubt

Bei frei finanzierten Neubauwohnungen, die zweite Hälfte des Mietbestandes, kann ein Eigentümer freilich so viel Miete verlangen, wie er will - er muss die Wohnung halt loskriegen. Viel "Luft nach oben" sieht Uniprofessor Vonkilch, der den ÖVP-Parlamentsklub in Wohnrechtsfragen berät, da aber nicht und bezweifelt einen Preissprung durch eine höhere Grundsteuer: "Ein Vermieter verlangt schon jetzt so viel, wie der Markt hergibt."

Da die Grundsteuer anhand uralter Einheitswerte bemessen wird, liegt sie so niedrig, dass selbst eine Verdopplung oder Verdreifachung in vielen Fällen keine horrenden Summen produzieren würde. Ein Richtwert: Laut AK macht die Grundsteuer für eine Durchschnittswohnung von 70 Quadratmeter im Wiener Altbau 35 Euro im Jahr aus.

Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut geht davon aus, dass im derzeitigen System höherwertige Immobilien besonders stark unterbewertet sind - sollte eine aufgefettete Grundsteuer (zum Teil) abgewälzt werden, dürfte dies besonders Mieter mit höheren Einkommen treffen. Um soziale Kollateralschäden auszuschließen, empfiehlt die Expertin, eine Erhöhung nur als Teil einer aufkommensneutralen Reform vorzunehmen: "Im Gegenzug sollten die Abgaben für die unteren und mittleren Einkommen gesenkt werden." (Gerald John, DER STANDARD, 25.7.2014)