Rektorin Eva Blimlinger, Zuzana Schütz-Halkova (Personalchefin Henkel CEE), Moderatorin Karin Bauer, Immofinanz-CFO Birgit Noggler und Karrierenforscher Thomas Schneidhofer kürzlich im Büro der AC Nielsen in Wien zur Diskussion über Diversity & Inclusion.

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Wie passt denn das zusammen? Diversity ist eines der ganz großen Themen in der Unternehmenslandschaft. Frauen sind mittlerweile besser ausgebildet als Männer, mindestens eine Generation hat solide Erfahrung damit, wie sich versuchen lässt, gesellschaftliche Themen wie Kinderbetreuung und Vereinbarkeit mit der Karriere individuell zu lösen. Und trotzdem bleiben Frauen in den mächtigeren Positionen des Wirtschaftslebens eine verschwindende Minderheit.

Dragica Gačić, in Österreich für die Initiative WIN (Women in Nielsen) beim Marktforschungskonzern zuständig, verknüpft das interne Businessthema der Förderung von Frauenkarrieren mit gesellschaftlicher Diskussion und lud kürzlich ins Wiener Büro zur Diskussion. Sie will Frauenkarrieren intern stärken und Bewusstheit und Aufmerksamkeit intern auf Diversity & Inclusion lenken. Fazit: Gesellschaftliche und individuelle Haltungsänderungen sind gefragt.

Ein wenig Humor...

"Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst“, zitiert WU-Wissenschafter Thomas Schneidhofer Paul Watzlawick. Österreich liege in puncto ökonomischer Partizipation von Frauen bekanntlich auf Platz 69 von 136. Runtergerechnet auf das Individuum bedeute das, dass Frauen in Österreich im Verlauf von zehn Karrierejahren alleinig aufgrund ihres Geschlechts summarisch 72.000 Euro weniger Gage bezogen haben, so der Forscher. Mythen zu Geschlechtern in der gesamten Sozialisierung, wonach etwa Frauen nun mal nicht einparken und Männer nicht kommunizieren könnten, tragen das Ihrige zur Festschreibung bei.

Apropos Zuschreibungen: Sind Frauen die besseren Führungskräfte? Das wird schnell als Stereotyp entlarvt. Es gehe um die Assoziationen, was Führungskraft können und bewirken soll: "Die Biologisierung von Mann und Frau ist das eigentliche Grundproblem.“

Gemischte Teams?

Zum oft angeführten Case, dass gemischte Teams "erfolgreicher“ seien, sagt er, es gehe weniger um die Sozialkategorie Diversität, es mache ein gutes Klima und steigere die Arbeitsmoral, wenn andersartige Wesen auch da sind, aber: "Am Zahltag zählt Wissensdiversität, und die hat nichts mit der biologischen Ausstattung zu tun.“ Besonders übel werde es, wenn im Diversitätsbemühen eine Wertediversität entstehe – was er häufig wahrnimmt: Frauen sollten sich um die Beziehungen kümmern, Männer um den Wettbewerb. "Wenn man mit Stereotypen arbeitet, um Männern und Frauen Plätze zuzuweisen, dann ist das sicher ein Holzweg.“

Daheim und im Job

Als wirkungsvollen Weg, mehr Frauen in bessere Positionen zu bekommen, nennt Zuzana Schütz-Halkova, Personalchefin von Henkel Osteuropa, Mentoring. Warum Henkel trotz aller (gesetzlich) möglichen Flexibilität für Eltern nicht mehr etwa Vaterkarenzen ausweise? "Es hängt ja immer auch stark vom Rollenverständnis des Paares ab.“

Und was ist mit dem Beitrag zu einer (verteilungs)gerechteren Welt? Diversity-Management sei ein Business-Case, okkupiert von neoliberalem Geist, und damit ziemlich weit weg von Gesellschaftsutopien, so Schneidhofer.

Dass Frauen sich "den Preis einer Karriere oft nicht antun wollten“, schüttelt Birgit Noggler, Finanzvorstand der Immofinanz, ab: "Ich glaube nicht, dass das generell stimmt – sonst wäre ich nicht dort, wo ich bin.“ Ihr Geschlecht sei da übrigens irrelevant gewesen. Große Karriere und jeden Tag um drei gehen sei halt nicht möglich, sagt sie zur Vereinbarkeitsfrage. Aber ja: Sie erhalte viel zu wenig Bewerbungen von Frauen. Ob Quoten helfen werden? System und Denken würden sich schon ändern, so Noggler. Sie würde aber "das Mascherl Quotenfrau“ nicht tragen wollen.

Verbindlichkeit, Sanktionen

Ganz anders die Rektorin der Akademie der bildenden Künste, Eva Blimlinger: Im universitären Umfeld helfen Quoten massiv. Als Vorbild für Wandel in der Wirtschaft nennt sie ihre interne antidiskriminatorische Betriebsvereinbarung. "Das ist sinnvoll auch für Unternehmen, es muss aber konkret ausgestaltet und mit Sanktionen behaftet sein.“ Sonst verkomme Diversity wieder zu einem Bekenntnis, "so wie Mülltrennung – jeder sagt: man sollte doch ...“

Zur Sommerdebatte über den männlichen Primat in der Sprache fasst Schneidhofer (er gendert schriftlich so wie Blimlinger mit Unterstrich) zusammen: "Es zeigt, wie viel dahinter auf dem Spiel steht und um welche Machtthemen es geht.“ (DER STANDARD Karin Bauer, 26.07.2014)