Schlammschlacht im Gefängnis: Iko Uwais muss in "The Raid 2" auch bei ungünstigen Bedingungen seine Körperbeherrschung unter Beweis stellen.

Foto: Thimfilm

Wien - Ganz oben residiert der Gangsterboss und überwacht das Geschehen per Monitor. Die Polizeieinheit, die seinen zur Festung umgebauten Wohnblock einzunehmen versucht, hat mit vielfältigen Widerstandsformen zu tun. Nicht nur stellen sich ihr einzelne Schlägertrupps in den Weg, auch die vermeintlich normalen Bewohner erweisen sich als kampferprobt. Von Stockwerk zu Stockwerk fließt immer mehr Blut, die Knochen brechen wie Zahnstocher, die Flure sind mit verendenden Körpern gesät.

The Raid hieß der Actionfilm aus dem Jahr 2011, der mit seiner an Computerspielen orientierten Handlung und vor allem spektakulären (und geradezu bizarr brutalen) Kampfsportszenen zum Sensationserfolg wurde. Hauptdarsteller Iko Uwais, der sich wie eine Mischung aus Bruce Lee und Bruce Willis mit unbezwingbarem Willen bis nach oben durchschlägt, wurde als neuer Martial-Arts-Star gefeiert. Und Regisseur Gareth Evans, der den Film mit nur rund einer Million Dollar finanziert hatte, wurde von der Kritik zur neuen Hoffnung des Action-Genres ausgerufen.

Evans' Weg zum Erfolg ist ungewöhnlich: Der gebürtige Waliser, der als Jugendlicher einschlägiges asiatisches Kino lieben gelernt hat, kam 2006 nach Indonesien, ursprünglich um eine Dokumentation zu drehen. Die dortige Kampfsportart Silal faszinierte ihn so sehr, dass er sie auch für fiktive Szenarien nützen wollte - durchaus exzessiv. Die Dauer der Auseinandersetzungen in den Filmen mögen nicht der Wirklichkeit entsprechen - dies wäre zu ermüdend -, die Geschwindigkeit und Wendigkeit, mit der sie ausgetragen werden, tun es sehr wohl.

Erweiterter Kampfraum

Mit The Raid 2 geht Evans nun vor allem erzählerisch noch ein Stück weiter. War der erste Teil ein Kammerspiel, das von den begrenzten Bewegungsmöglichkeiten profitierte, so wird im Sequel der Handlungsraum ausgeweitet. Der Film beginnt als Gefängnisdrama mit dem ersten Höhepunkt einer infernalischen Schlammschlacht im Hof und erweitert sich schließlich zum an Regisseuren wie John Woo und Johnnie To geschulten Gangsterdrama, bei dem sich keine Allianz von großer Dauer erweist. Freund und Feind, Cop und Gangster - das sind bald beliebig austauschbare Funktionen.

Iko Uwais schließt als Hauptfigur Rama nahtlos an den ersten Teil an und erhält diesmal die Aufgabe übertragen, einen mächtigen Clan zu infiltrieren. Gemeinsam mit Ucok (Arifin Putra), dem ehrgeizigen Sohn des Bosses, treibt er Schulden ein. Ucok ist das bald zu wenig, er hintergeht seinen Vater - und ist doch nur der Stellvertreter eines weiteren Hintermannes, der aus dem Dunkeln die Eskalation betreibt.

Die Handlung ist stellenweise etwas verworren, man merkt, dass sich Evans von manchem Nebenplot nicht zu trennen vermochte. Doch das ändert nur wenig an der Vehemenz des Films, der mit seinen zentralperspektivischen Bildern, die wiederholt in den Handkantenkamera-Fleischwolf geraten, für Sinneskitzel sorgt.

Zartbesaitete seien an dieser Stelle gewarnt - die Gewalt dieses Films übersteigt den gewohnten Standard. Doch Evans schlachtet sie mit keinen Zeitlupen aus, verzichtet überhaupt auf stilisierte Spompanadeln. Dafür zwängt er, um ein Beispiel zu nennen, fünf Leute in einen SUV, die sich bei Höchstgeschwindigkeit die Kinnladen ausrenken, dass es nur so kracht. Katharsis geht auch so. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 24.7.2014)