Die Forscher statteten mehr als 100 Seehunde und Kegelrobben an der britischen und niederländischen Küste mit GPS-Sendern aus. 

Foto: Current Biology, Russell et al.

Elf der so überwachten Tiere besuchten die Offshore-Windparks "Alpha Ventus" in Deutschland und "Sheringham Shoal" in Großbritannien (im Bild).

Foto: Mike Page

St. Andrews - Laut einer neuen Studie im Fachblatt "Current Biology" suchen einige Seehunde und Kegelrobben bei der Jagd ganz gezielt den Weg zu Offshore-Windkraftanlagen. Die Forscher vermuten, dass sich dort besonders viel Beute machen lässt. Auch unterseeische Pipelines seien bei einigen der Meeressäuger  beliebt. Umweltschützer äußern Zweifel an den "allzu positiven" Ergebnissen.

Welche Auswirkungen Windparks auf dem Meer auf die Tiere dort haben, ist bisher weitgehend unklar, Umweltschützer befürchten negative Folgen etwa durch Lärm. Die Wissenschafter um Deborah Russell von der schottischen Universität St. Andrews hatten Seehunde und Kegelrobben an der britischen und niederländischen Küste mit GPS-Sendern ausgerüstet. Dann erfassten sie die Bewegungen der Tiere.

Elf der mehr als 100 mit Sendern versehenen Seehunde besuchten die Offshore-Windparks "Alpha Ventus" in Deutschland und "Sheringham Shoal" in Großbritannien. Einzelne Tiere schwammen zur Nahrungssuche zielgerichtet von einer Anlage zur nächsten. Sowohl Seehunde als auch Kegelrobben wurden außerdem dabei beobachtet, wie sie wiederholt und teils tagelang unterseeischen Pipelines folgten.

Video:Drei von insgesamt dreizehn Trips einer per GPS-Sender verfolgten Robbe zum "Sheringham Shoal" Windpark in Großbritannien. Die weißen Punkte stellen die Strukturen der Windkraftanlagen dar. Die Routen der Robbe sind als rote Linie dargestellt.
Current Biology, Russell et al.

Was die Robben bei Winparks suchen, ist noch unklar

Möglicherweise wirkten die Konstruktionen als künstliche Riffe, schließen die Forscher. In weiteren Studien wollen sie herausfinden, warum die Offshore-Anlagen Robben anlocken. Gibt es in den Windparks insgesamt mehr Nahrung oder sammeln sich nur bestimmte Beutetiere an den Anlagen? Das Wissen darüber könne helfen, die Offshore-Parks so zu gestalten, dass negative Effekte reduziert und mögliche positive Effekte verstärkt werden.

Noch sei unklar, was es für die Robben und ihre Beutetiere bedeuten wird, wenn immer mehr Windparks in ihrem Lebensraum entstehen. "Nur ein kleiner Teil der beobachteten Robben nutzte Windparks und Pipelines", wird Russell in einer Mitteilung zur Studie zitiert. Und es gebe momentan nur wenige solche Bauwerke im Lebensraum der Tiere. "Wenn flächendeckend Windparks entstehen, werden viel mehr Seehunde betroffen sein."

Bisher gibt es erst wenige Studien dazu, wie sich Offshore-Windparks auf die Lebensgemeinschaften in dem Gebiet auswirken. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hatte im November vergangenen Jahres eine Analyse vorgestellt, derzufolge es kaum negative Folgen gibt.

Umweltschützer zweifeln an "allzu positiven" Ergebnissen.

Demnach breiten sich um "Alpha Ventus" einige Fischarten aus, weil Fischerei dort verboten ist. Vogelschlag an den Rotorblättern gebe es kaum, der Baumlärm habe Meeressäuger wie Schweinswale nur zeitweise vertrieben. Umweltschützer kritisierten die Ergebnisse allerdings als verfrüht und übertrieben positiv dargestellt. (tasch/APA/red, derStandard.at, 21.07.2014)