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Was Familienbilder angeht, ist Österreich ein konservatives Land. Das heißt, das Rückwärtsgewandte, Konservative bestimmt die gesellschaftliche Realität in weitem Ausmaß: so weit, wie es Normalbürgerinnen und -bürger (die persönlich vielfach gar nicht mehr in klassischen Papa-Mama-Kind-Familien leben) es meist gar nicht für möglich halten – bis sie selbst von einer solchen Regelung betroffen sind.

Zum Beispiel von einer gesetzlich festgelegten Unterscheidung, die bestimmt, wer – von der leiblichen Mutter eines Kindes abgesehen – berechtigt ist, für dieses Kind Kinderbetreuungsgeld zu beziehen. Da staatliche Geldleistungen unter anderem ausdrücken, was die Allgemeinheit als unterstützungswürdig oder nicht betrachtet, geht es dabei auch um die Frage, wer als Partnerin oder Partner einer Frau mit Kind dessen für wert genug erachtet wird.

Der Gesellschaft nichts wert

Bei lesbischen Partnerinnen einer Frau mit Kind ist das für die österreichische Gesellschaft derzeit nicht der Fall: Sie dürfen sich die Kinderbetreuung mit der leiblichen Mutter nicht teilen, diese nicht "splitten". Die gerichtliche Auseinandersetzung über zwei derartige Fälle war Anlass für einen STANDARD-Artikel, andere Medien griffen das Thema auf. Denn so, wie das – ÖVP-regierte – Familienministerium das Kinderbetreuungsgeldgesetz liest, würde es bei Geldbezug besagter Partnerin zu einem "Vermischen" unterschiedlicher "Ebenen der Elternschaft" kommen: der leiblichen, der Pflegeelternschaft und der Adoptivelternschaft.

Aus diesem Grund seien auch heterosexuelle Lebensgefährten von Müttern nicht berechtigt, das Kinderbetreuungsgeld mit der leiblichen Mutter zu "splitten" – egal, ob sich der Lebensgefährte de facto um das Kind kümmert oder nicht: Der Kreis Ausgeschlossener ist also gar nicht so klein – wenn auch Frauenpaare aufgrund des Umstands, dass niemals beide leibliche Eltern eines Kindes sein können, von einer solchen Sichtweise besonders diskriminiert werden.

Unter Adoptionszwang

Die einzige Möglichkeit für die Partnerin einer lesbischen Mutter, in Österreich des "gesplitteten" Kinderbetreuungsgelds würdig zu werden, ist die nach einem Spruch des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs seit rund einem Jahr auch in Österreich mögliche Stiefkindadoption des Nachwuchses. Das besiegelt im Grunde einen Adoptionszwang für Kinderbetreuungsgeld: Ausdruck einer teilmodernen Gesetzeslage ohne Homogenität.

Nun kommt in dieser Angelegenheit wohl auch das Budgetargument zum Tragen. Würde das "Vermischen" der "Ebenen der Elternschaft" zugelassen, wäre der Bezieherkreis größer. Das käme dem Kinderbetreuungsgeld auszahlenden Staat teurer.

Aber trotzdem: "Ebenen der Elternschaft"? Welch ausgeprägt konservatives Familienbild, welch seltsames Ordnungsbedürfnis in Zeiten heterogener Beziehungsrealitäten zeigt sich hier! Tatsächlich ist die vom Ministerium herangezogene Argumentation höchst hölzern: Eine lesbische Partnerin könne vielleicht mit einer (nicht leiblichen, sich aber dennoch ums Kind kümmernden) Pflegemutter vergleichbar sein. Aber mit ihr gleichzusetzen sei sie nicht.

Keine "richtige" Pflegemutter

Denn eine "richtige“ Pflegeelternschaft zeichne sich dadurch aus, dass sie die leibliche Elternschaft ersetze, nicht ergänze: also wenn Kinder wegen akuter Gefährdung durch ihre Eltern diesen entzogen werden und das Jugendamt Pflegeeltern für sie sucht.

Aufs Kinderbetreuungsgeld und andere familienpolitische Konfliktthemen bezogen sind derlei Betrachtungen reines Erbsenzählen: die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Es wäre in Österreich wirklich hoch an der Zeit für modernere Einstellungen bezüglich Familien, etwa mittels Gewährung einer „automatischen Elternschaft“ für lesbische und schwule Paare mit Kind, wie es die NGO Famos fordert: ein Unterstützungsverein für sogenannte Regenbogenfamilien.