Der ägyptische Außenminister Sameh Shukry hat am Freitag die Eskalation durch Israel mit der Einleitung einer Bodenoffensive im Gazastreifen scharf verurteilt. Er erneuerte gleichzeitig seinen Aufruf an beide Parteien, einem Waffenstillstand zuzustimmen.
Israel forderte er auf, äußerste Zurückhaltung walten zu lassen und warnte, die Invasion in den Gazastreifen werde die Situation weiter anheizen und nicht mehr Sicherheit bringen. Der Hamas warf Shukry vor, sie hätte Dutzende von Leben retten können, wenn sie einem von Ägypten ausgearbeiteten Waffenstillstand zugestimmt hätte.
Am Donnerstagabend hatte der ägyptische Präsident Abdelfattah al-Sisi Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Kairo empfangen. Beide sprachen sich für einen sofortigen Waffenstillstand aus. Man sei übereingekommen, alles zu unternehmen, um das Leiden der Palästinenser im Gazastreifen zu lindern und werde daran arbeiten, die israelischen Grenzübergänge zu öffnen. Der ägyptische Grenzübergang in Rafah, dessen Öffnung eine der wichtigsten Hamas-Forderungen ist, wurde in ihrer Mitteilung nicht erwähnt. Die beiden Präsidenten einigten sich, dass in Sharm el-Sheikh eine Geberkonferenz einberufen werden soll, um unverzüglich den Wiederaufbau des Gazastreifens zu lancieren.
EU-Außenminister in Kairo
Von Kairo aus machte sich Abbas auf den Weg in die Türkei und in mehrere Golfstaaten. Kairo unternimmt weiterhin intensive diplomatische Anstrengungen, um Israel und Hamas an einen Tisch zu bringen. Hochrangige Vertreter von Hamas und dem Islamischen Jihad sowie israelische Gesandte sind weiterhin in der ägyptischen Metropole. Toni Blair, als Nahostvermittler, traf sich ebenfalls mit Sisi. Weitere europäische Außenminister haben sich angekündigt. Am Freitag war die Reihe an Frankreichs Laurent Fabius.
Nach dem ersten gescheiterten Versuch im Laufe der Woche ist Ägyptens Rolle als Vermittler aber deutlich schwieriger geworden. Kairo hatte mit der Unterstützung der arabischen Staaten, von Abbas und Israel im Rücken versucht, der Hamas ohne vorherige Absprache eine Waffenruhe aufzuzwingen. Dieses Kalkül ist nicht aufgegangen, und jetzt ist das ohnehin angespannte Verhältnis zur Hamas noch mehr gestört. Ägypten hatte seit dem Sturz der Islamisten im eigenen Land versucht, die Hamas als Schwesterorganisation der Muslimbrüder mit der Zerstörung dutzender Tunnels und der Schließung des Rafah-Übergangs möglichst zu schwächen und möchte von dieser Politik auch in Zukunft nicht abgehen.
Es gebe einen hohen Grad an Spannungen und Schwierigkeiten mit der Hamas als Folge ihrer ideologischen Orientierung, gestand Shukry ein. Er beschuldigte gleichzeitig die "Achse Hamas- Katar-Türkei", die ägyptische Rolle zu vereiteln. Kairo hatte gehofft, mit einer erfolgreichen Vermittlung in diesem Konflikt sein traditionelles Prestige als regionales Schwergewicht zurückzugewinnen. Diesmal ist Ägypten aber eher eine dritte Konfliktpartei als ein neutraler Mediator. (Astrid Frefel aus Kairo, DER STANDARD, 18.7.2014)