Wien - Die Premiere von Franzobels Othello - Ein Schlechter in Hernals im Wiener Lustspielhaus ist von Unstimmigkeiten durchsetzt. Es beginnt beim Stücktitel selbst: Othello (Ignaz Pluhar), den sein intriganter Widersacher Jago (Christian Kainradl) glauben macht, Gattin Desdemona (Sophie Aujesky) gehe fremd, ist keineswegs ein "schlechter" Mensch. Weder bei Shakespeare noch hier bei Franzobels Löwingerbühnen-Version. Regisseur Christoph Zauner brachte sie am Donnerstag zur Uraufführung.

Das "Schlechter" ist wohl eine Anspielung auf dessen hier zwecks "Einwienerung" erfundenen Beruf des Wurstfabrikanten. Doch selbst dieser Hinweis wackelt, denn dies wäre dann der Schlachter. Windschief sind auch die halbherzigen Zwischenauftritte von Impresario Adi Hirschal als Moral-Figur. Fragwürdig auch der Rassismus, der sich im Kleid der Aufklärung versteckt.

Gespielt und gesungen wird vorwiegend mit Augenzwinkern. Die Liedtexte hängen wie nasse Wäsche auf den Evergreen-Melodien (Maneater, Tutti Frutti, Jackson usw.). Akustisch verständlich sind sie kaum. Witzig wird es nur dank Nestroy'scher Metaphernschöpfungen. In einer Liebeserklärung heißt es etwa: "Oh du Wimmerl unter den Abszessen!"

Inklusive einer vierzigminütigen Pause und ausgiebigen Seitenblicke-Aufkommens vor und nach der Vorstellung verwandelt sich das Lustspielhaus, das nobel Am Hof vor dem Eingang des Park-Hyatt-Hotels residiert, zu einem Prosecco-Meeting für Promis. Bei der Gründung vor zehn Jahren war an ein vazierendes Volkstheater im Pawlatschenzelt gedacht, bei sieben Euro Eintritt. Davon ist es weit entfernt. (afze, DER STANDARD, 19./20.7.2014)