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Gefährlich oder nicht? "Solange es keinen wissenschaftlichen Nachweis gibt, sind Warnungen absolut unseriös", sagt Georg Klein, Primar der Elisabethinen in Linz.

Foto: Julian Stratenschulte/dpa/APA

Die Arbeiterkammer Oberösterreich hat eine Liste mit Sonnenschutzmitteln online gestellt, die keine Nanopartikel als UV-Filter enthalten. Denn, so die Begründung: "Nanopartikel werden momentan kontrovers diskutiert". Im US-Bundesstaat Texas hat eine Schule die Verwendung von Sonnencremes verboten, da sie angeblich "giftige Substanzen" enthalten und Allergien auslösen können. Die Schule erlaubt nur jenen Kindern mit ärztlichem Attest ein Sonnenschutzmittel mitzubringen.

"Nichts Gefährliches"

"Das ist absolut unseriös", will Georg Klein, Primar der Dermatologie der Elisabethinen in Linz, eigentlich gar nicht darüber sprechen. Denn er als Schulmediziner diskutiere nicht über etwas, wofür es keinen wissenschafltichen Nachweis gebe. Auch im Gesundheitsministerium sieht man keinen Grund, vor mineralischem Sonnenschutz mit physikalischen UV-Filtern zu warnen. "Alle UV-Filter haben ein Zulassungsverfahren durchlaufen, auch Penetrationstests, ob Nanopartikel die Haut durchdringen, haben nichts Gefährliches ergeben“, sagt Karin Gromann, Expertin für Kosmetik im Gesundheitsministerium.

Im Gegensatz zu chemischen Sonnenschutzfiltern bestehen die physikalischen aus den Metallen Titandioxid oder Zinkoxid. Allerdings hinterlässt Titandioxid in Mikropartikelgröße auf der Haut einen weißen, klebrigen Film. In der deutlich kleineren Nano-Größe wird es durchsichtig, die Creme lässt sich leichter auftragen und durch die Winzigkeit der Partikel wird die Wirkungsweise verstärkt. Im konkreten Fall reflektieren die Titandioxid-Teilchen wie Milliarden kleinster Spiegel das Sonnenlicht und schützen so die Haut vor dem Verbrennen. Dabei dringen die physikalischen Filter nicht in die Haut ein.

In Tierversuchen gelangte Nano-Titandioxid nach Aufnahme hoher Dosen über die Atemwege in das Blut und ins Lymphsystem. Es kann so im Körper in verschiedenen Organen angereichert werden. Die Internationale Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation stuft Nano-Titandioxid deshalb auch als möglicherweise krebserregend für den Menschen ein.

Keine harten Daten 

"Möglicherweise gibt es da etwas", diese Argumentation findet Schulmediziner Klein "völlig unwissenschaftlich". Es fehlten harte Daten, deshalb hält er eine Warnung vor physikalischen UV-Blockern für unnötig. Dem schließt sich Gromann an. Sie verweist auf eine Stellungnahme der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit Ages: "Derzeit sind im Hinblick auf das Verhalten von Nanopartikeln im Körper noch viele Fragen offen, die als Voraussetzung für die Bewertung des gesundheitlichen Risikos wichtig sind. Geeignete Methoden zur Ermittlung möglicher gesundheitlicher Risiken müssen von der Wissenschaft entwickelt werden". Erst in Folge könne dann über sinnvolle Risikoabschätzung und Regulierungsmaßnahmen entschieden werden.

Grundsätzlich lasse sich sagen, dass die Anwendung auf gesunder Haut unbedenklich sei, da die Partikel nicht die Lipid-Barriere durchbrechen, ergänzt Gromann. Das gelte jedoch nur für unverletzte Haut. Eine Gefahr, beim Auftragen der Creme Nanoteilchen zu inhalieren, sieht nicht. Denn auch bei Pumpsprays trete das Mittel nicht als Nebel wie etwa bei Aerosolen auf.

Wegen eines unbewiesenen Gesundheitsrisikos auf den Sonnenschutz zu verzichten, das fände Klein unverantwortlich. Denn dass "der weiße Hautkrebs durch UV-Belastung hervorgerufen wird, ist wissenschaftlich bewiesen", erklärt der Dermatologe. Auch Gromann möchte klarstellen: "Der Nutzen des kosmetischen Artikels ist wesentlich höher als ein möglicher Schaden." (Kerstin Scheller, derStandard.at, 18.7.2014)