Wien - Der mutmaßliche Abschuss eines Passagierflugzeugs über der Ostukraine hat die europäischen Börsen am Freitag erneut auf Talfahrt geschickt. "Da die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine bereits hoch sind, besteht die Gefahr, dass die Krise außer Kontrolle gerät", sagte der Aktienhändler Markus Huber vom Brokerhaus Peregrine & Black.

"Mit dem Abschuss einer Passagiermaschine, die das ukrainische Bürgerkriegsgebiet überflog, hat der Konflikt Westeuropa und den Rest der Welt erreicht", schrieb Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann in einem Kommentar. "Es ist naheliegend zu vermuten, dass der Westen daraufhin geneigter ist, nennenswerte Sanktionen gegen Russland zu verhängen."

Ringgit unter Druck

Der DAX verlor 0,6 Prozent auf 9.699 Punkte, der Eurostoxx 50 gab 0,2 Prozent auf 3.152 Zähler nach. Der Wiener ATX stand gegen 11.15 Uhr um 0,65 Prozent tiefer. Die Leitindizes der Moskauer Börse büßten jeweils mehr als ein Prozent ein.

Unter Druck stand Freitagfrüh der malaysische Ringgit, nachdem sich die Stimmung an der dortigen Börse eingetrübt hatte. Auch der russische Rubel, der in den vergangenen Tagen deutlich nachgegeben hatte, stand weiter unter Druck.

Sichere Häfen

Am Markt für Agrarrohstoffe verteuerte sich Weizen, ein wichtiges Exportgut der Ukraine. Der in London gehandelte Terminkontrakt, der sich am Vortag bereits um zwei Prozent verteuert hatte, stieg um 0,8 Prozent auf 133 Pfund Sterling je Tonne.

Für zusätzliche Nervosität sorgte der Einmarsch israelischer Bodentruppen in den Gazastreifen. "Insgesamt scheinen politische Lösungen allerorten derzeit vom Tisch zu sein", schrieben die Analysten der Essener National-Bank in einem Kommentar.

Daher flüchteten sich weitere Anleger in "sichere Häfen". Die "Antikrisen-Währung" Gold stieg um bis zu 0,5 Prozent auf 1324,44 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Auch Staatsanleihen blieben gefragt. Dadurch fiel die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen deutschen Bundesanleihe auf 1,137 Prozent und damit den zweiten Tag in Folge auf ein Zweijahrestief. Der Bund-Future, der auf diesen Papieren basiert, näherte sich bis auf 13 Ticks seinem am Donnerstag markierten Rekordhoch von 148,48 Punkten.

Airline-Aktie bricht ein

Der Absturz des Fluges MH17 drückte die Aktien von Malaysia Airlines in Kuala Lumpur neun Prozent ins Minus. Zwischendurch war der Aktienkurs sogar um bis zu 18 Prozent eingebrochen. Die europäischen Fluggesellschaften standen ebenfalls unter Druck. "Die Titel zu verkaufen ist ein Reflex nach der Schocknachricht", sagte ein Händler. Die deutsche AUA-Mutter Lufthansa und die British-Airways-Mutter IAG büßten bis zu 1,9 Prozent ein, Air France maximal sogar 2,9 Prozent.

Zugleich standen diejenigen Unternehmen erneut auf der Verliererseite, die am Vortag bereits unter der Verschärfung der Sanktionen gegen Russland gelitten hatten. Der Handelskonzern Metro, die Raiffeisen Bank International (RBI) und der Ölfeldausrüster CAT Oil gaben zwischen 0,3 und 2,2 Prozent nach.

Einige Fluggesellschaften gaben an, bereits seit Wochen den ukrainischen Luftraum umflogen zu haben. Auch Lufthansa und AUA teilten am Donnerstagabend ihre Entscheidung mit, den ukrainischen Luftraum weiträumig umfliegen zu wollen. Bis auf Weiteres ist der Luftraum über der Ostukraine von ukrainischen Behörden gesperrt worden. (APA, 18.7.2014)