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Favoritinnen für den Posten des EU-Außenministers nach Catherine Ashton: Italiens Federica Mogherini (rechts im Bild).

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... und EU-Entwicklungshilfekommissarin Kristalina Georgiewa aus Bulgarien.

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In der Europäischen Union kann man es nie allen recht machen. Kein Wunder bei inzwischen 28 Mitgliedstaaten, von denen der kleinste 418.000 Einwohner hat (Malta), der größte 80,9 Millionen (Deutschland) und wo die gemeinsamen Verträge kaum noch Schritt halten mit dem Auseinanderdriften der Probleme und Interessen.

Einfach und einprägsam zeigt sich das alle fünf Jahre, wenn nach den Europawahlen die wichtigsten Führungspositionen in den EU-Institutionen verteilt werden müssen. Bei der Nominierung des neuen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker führte Großbritannien mit der Ablehnung Junckers symbolisch vor, wie sehr die Vorstellung einer Unionspolitik für die nächsten fünf Jahre von jener der Partner abweicht.

Juncker wurde Dienstag trotzdem mit großer Mehrheit im EU-Parlament in Straßburg gewählt. Am Mittwochabend trafen sich die Staats- und Regierungschefs der Union aber schon wieder, um über die Vergabe der nächsten Schlüsselposten zu beraten - oder heftig zu streiten: Der Start musste um zwei Stunden verschoben werden, weil man schon im Vorfeld keine Annäherung erzielte und in bilaterale Gespräche ging.

Das Treffen ging schließlich in der Nacht auf Donnerstag in Brüssel ohne Ergebnis zu Ende. Personalien wie die Nachfolge der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton konnten vorerst nicht entschieden werden. "Wir waren noch nicht an einem Punkt, an dem eine Konsenslösung für das gesamte Paket der Nominierungen möglich war", sagte Gipfelchef Herman Van Rompuy.

Ein neuer Gipfel soll am 30. August stattfinden. Dieses Datum nannte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) zum Ende der Beratungen in der Nacht auf Donnerstag.

Rompuys Amtszeit läuft im Dezember aus

Nach Juncker und der Wahl seines Wahlkontrahenten und SP-Spitzenkandidaten Martin Schulz zum Parlamentspräsidenten geht es nun um die Nachfolge des ständigen Präsidenten des Rates der Staats- und Regierungschefs, Herman Van Rompuy. Seine Amtszeit läuft im Dezember aus. Und es musste vor allem die Nachfolge der "Hohen Vertreterin" für die gemeinsame EU-Außenpolitik (EAD), Catherine Ashton, geregelt werden, die gleichzeitig Vizepräsidentin der EU-Kommission ist.

Damit der frisch gekürte Präsident Juncker mit den nationalen Regierungen rasch sein Kommissarsteam bilden kann, muss er wissen, wer neuer "EU-Außenminister" wird. Bis Ende Juli will er fertig sein. Einige, allen voran die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, wollten alle offenen Personalfragen gleich "im Paket" erledigen. Sie wollte auch gleich noch die Nachfolge des Niederländers Jeroen Dijsselbloem regeln, dessen Mandat 2015 ausläuft, und den spanischen Finanzminister Luiz de Guindos nominieren. Und es sollten die wichtigsten Posten auch in der EU-Kommission nach Ländern abgestimmt werden.

Widerstand gegen Mogherini

Merkel selber äußerte aber Zweifel, ob das gelingen kann. Denn vonseiten der osteuropäischen EU-Länder kamen starke Widerstände gegen die italienische Außenministerin Federica Mogherini auf, die von ihrem Premier Matteo Renzi zur Favoritin hochgepusht worden war.

Ihr wird mangelnde Erfahrung attestiert, weil sie erst seit vier Monaten Ministerin ist. Die zehn Länder im Osten fühlen sich benachteiligt, weil alle "dicken" EU-Jobs damit an Westeuropäer gegangen wären. Daher stieg die derzeitige EU-Kommissarin für internationale Hilfe, Kristalina Georgiewa aus Bulgarien, als zweite Favoritin für die Führung des EAD auf.

Wie Dominospielen

Sie ist aber Christdemokratin wie Juncker, was die Paketlösung erschwerte, da die Sozialdemokraten als fast gleich starke Fraktion im EU-Parlament im Ausgleich auf Topjobs pochen.

Neben der Außenbeauftragten beanspruchten sie auch den Ratspräsidenten für die dänische Premierministerin Helle Thorning-Schmidt. Sollte sie absagen, standen einige andere Regierungschefs im Raum, auch Kanzler Werner Faymann.

Alles sehr kompliziert also, und bald machten Überlegungen die Runde, es würde bald ein weiterer EU-Gipfel nötig sein, um alles abzuschließen. Kandidatinnen sind gesucht. Die große Mehrzahl der Kandidaten auch für die Kommission ist männlich. Das will das EU-Parlament nicht dulden. Es pocht auf eine 40-Prozent-Frauenquote in der Kommission - und auf mindestens eine Frau an der Spitze der EU-Führung, ob im Rat oder in der EU-Außenpolitik. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 17.7.2014)