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Die in Schottland und dem Norden Englands aufgewachsene Elizabeth Truss ist aus Sicht der britischen Konservativen auch geografisch eine Idealbesetzung.

Foto: REUTERS/Suzanne Plunkett

Dass die Lebenswelten von Stadt und Land oft auseinanderklaffen, hat Elizabeth Truss am eigenen Leib erfahren. Kaum war die damals 34-Jährige als Kandidatin für den sicheren Parlamentssitz der britischen Konservativen in Südwest-Norfolk nominiert, gruben Journalisten eine längst beendete Affäre mit einem Parteifreund aus.

Die Sache hatte die mittlerweile verheiratete Mutter zweier Töchter bei ihrer Vorstellung für nicht erwähnenswert gehalten. Die konservativen Bauern im Wahlkreis aber fühlten sich getäuscht - Truss musste sich einer Vertrauensabstimmung stellen.

Mittlerweile ist die studierte Wirtschaftsprüferin knapp 39, seit vier Jahren Unterhaus-Abgeordnete und seit Dienstag auch Ministerin - ausgerechnet für Landwirtschaft und Umwelt. Ihren sagenhaft schnellen Aufstieg ins britische Kabinett verdankt sie einerseits ihrem Geschlecht und ihrer relativen Jugend: Premierminister David Cameron wollte zehn Monate vor der Unterhauswahl die moderne Seite seiner Partei fernsehwirksam zur Geltung bringen.

Gegen verstaubtes Image

Andererseits ist Truss aber auch schon kompetente Politik-Veteranin. Sie gehört zum Freundeskreis des einflussreichen Finanzministers George Osborne, war schon mit 25 Jahren Parlamentskandidatin und diente als Vizedirektorin des Thinktanks Reform. Dort machte sie mit Expertenpapieren zur Bildungspolitik auf sich aufmerksam.

Den Tories unterstellen viele Wähler in Umfragen, sie hätten zu wenig Ahnung von den Problemen der Normalbevölkerung, seien zu männlich, zu alt, zu weiß und zu reich, um das moderne Großbritannien zu repräsentieren. Zudem sind sie im englischen Norden, in Schottland und Wales kaum noch vertreten.

Diesem Image wirkt die in Schottland und im nordenglischen Leeds aufgewachsene Truss entgegen: Frau kann aus dem Norden stammen, cool sein und gleichzeitig konservativ. Bei der neuen Umweltministerin wirkt das auch deshalb glaubwürdig, weil die kleine Elizabeth, kurz Liz genannt, in einer politisch linksorientierten Familie aufwuchs, als Studentin in Oxford mit den Liberaldemokraten liebäugelte und sich erst nach reiflichem Nachdenken für die Tories entschied.

Ihre Eltern "waren entsetzt", erzählt Truss, "aber inzwischen sind sie darüber hinweggekommen". Ihre Mutter macht mittlerweile sogar Wahlkampf für die Ministerin, der Vater verweigert sich standhaft. Manche Lebenswelten lassen sich eben nicht vereinbaren. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, 17.7.2014)