Wirtschaftsminister Mitterlehner will von Parteikollegen Spindelegger mehr Geld für die Wissenschaft holen.

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Wien – Die Ferienzeit ist gerade erst angebrochen, doch Reinhold Mitterlehner war schon auf Reisen. Nach Amtsantritt begab sich der neue Wissenschafts- und alte Wirtschaftsminister auf Goodwilltour durch die Hochschulwelt, um den Verdacht auszuräumen, Uni-Politik nur aus der Sicht des Wirtschaftsvertreters zu betreiben.

Was Mitterlehner nicht zur Beschwichtigung bieten konnte: Die Aussicht auf üppige Budgets. "In Sonntagsreden wird immer von der Wissensgesellschaft gesprochen“, sagt der ÖVP-Politiker, "doch während in anderen Ländern die Mittel dafür zur Verfügung gestellt werden, heißt bei uns der Kurs: Überall einsparen.“

Pikante Kritik

Ein pikante Kritik, denn oberster Fürsprecher des Einsparens ist ein Parteifreund Mitterlehners, Finanzminister Michael Spindelegger. Mit ihm wird der Wissenschaftsminister im Herbst um jene Summe verhandeln, um die das Budget der Unis für die nächste Leistungsperiode (2016 bis 2018) aufgebessert werden soll. Mitterlehner legt sich ein Latte: "Plus, minus“ 615 Millionen müssten es insgesamt für die drei Jahre sein, um "eine kontinuierliche Entwicklung“ zu ermöglichen.

Diese Summe würde in etwa die durch die Teuerung verursachten Kosten abdecken. Doch bleibt das Regierungsziel, die Hochschulausgaben bis 2020 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu steigern, damit nicht in weiter Ferne? Von den derzeitigen 1,5 Prozent komme man mit den 615 Millionen nicht wirklich weg, räumt Mitterlehner ein, "doch mehr sehe ich derzeit als absolut unrealistisch an“. Schon die angepeilte Summe werde bei den Verhandlungen schwer zu erreichen sein – "und ich setze mir kein Ziel, an das ich krachend anrennen werde“.

Unis fordern mehr

Kampfgeist billigen die Vertreter der Unis dem Minister durchaus zu, unzufrieden sind sie mit der in Aussicht gestellten Zahl trotzdem. Statt nur 615 Millionen brauche es eine ganze Milliarde zusätzlich, fordert Heinrich Schmidinger, Präsident der Universitätenkonferenz (Uniko). Von dieser "Hochschulmilliarde“ spricht zwar auch Mitterlehner, rechnet dabei aber 365 Millionen für die Forschungsförderung ein. Die Uniko hingegen will diese Summe allein für den Betrieb der öffentlichen Unis. „Da entsteht eine erhebliche Diskrepanz“, sagt Schmidinger.

Mitterlehner appelliert an die Unis, die eigene Effizienz zu steigern, so dass fünf bis zehn Prozent der Mittel sinnvoller eingesetzt werden könnten – und er plädiert für weitere Zugangsbeschränkungen, damit für den einzelnen Studierenden mehr Mittel blieben. Derzeit werden die bereits existenten Regulative in fünf Studienfeldern evaluiert, Anfang 2015 will der Minister dem Koalitionspartner SPÖ nicht nur eine Verlängerung, sondern auch eine Ausweitung abverhandeln. Limits schweben Mitterlehner für "Massenfächer“ wie Jus und Fremdsprachen vor, möglich wären diese ab Herbst 2015.

Der Minister solle seine Ausweitungspläne „auf den Mond schießen“ und für eine echte Finanzierung kämpfen, erwidert die Hochschülerschaft (ÖH), die wie die Uniko eine „echte Uni-Milliarde“ fordert. Kritik übt auch die Grüne Abgeordnete Sigrid Mauer: Sie begreift den Ruf nach Zugangsbeschränkungen als „Drohung“ und sieht bei Mitterlehner mehr PR als konkrete Politik.

Krach ist dieser freilich gewohnt – auch auf anderer Ebene. Im Streit um die Finanzierung einer Steuerreform sieht Mitterlehner eine koalitionäre „Pattstellung“, die es im Herbst aufzulösen gelte. Er kritisiert die Gewerkschaft, die mit ihrer Steuersenkungskampagne vorzugaukle, es gebe massenhaft Geld zu verteilen, aber auch jene Kollegen in ÖVP und Wirtschaftskammer, die das Bonus-Malus-System für Unternehmen im Umgang mit älteren Arbeitnehmern blockieren: „Ich finde das nicht positiv.“ (Gerald John, DER STANDARD, 16.7.2014)