"Der Führer, der (fast) aus dem Nichts kommt", titelt die linke Internetzeitung Publico über den neuen Generalsekretär der spanischen Sozialisten (PSOE). Denn der 42-jährige Wirtschaftsprofessor an einer rechten Privatuniversität in Madrid, der sich jetzt bei Urwahlen durchsetzte, ist für viele ein Unbekannter.
Pedro Sánchez gab sich bei seinem Wahlkampf als unabhängiger Basiskandidat. So legte er im privaten Pkw während der Kampagne 45.000 Kilometer zurück. Doch ohne Unterstützung des Apparates hätte er die Wahlen wohl dennoch nicht gewonnen.
Bis zu seiner Kandidatur war Sánchez - der Vater ein Kleinunternehmer, die Mutter bei der Sozialversicherungsanstalt tätig - ein Hinterbänkler. Er gehört zu den jungen Politikern, die von José Blanco, dem ehemaligen Organisationssekretär unter dem 2011 zurückgetretenen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero, für die Partei rekrutiert wurden. Sánchez gehörte verschiedenen Beraterstäben der Partei in Madrid und Brüssel an. Zweimal kandidierte er dank der Intervention Blancos auf der Liste zum Madrider Stadtrat und verfehlte knapp den Einzug ins Rathaus. 2008 und 2011 stand sein Name auf der Kandidatenliste der Provinz Madrid für das spanische Parlament. Beide Male wurde er nicht gewählt. Doch beide Male konnte er nachrücken.
Wegen seiner offenkundigen Fitness - Sánchez ist ein begeisterter Basketballspieler - hat er einen Spitznamen aus der Bodybuilding-Welt bekommen: "Mister PSOE".
Sánchez verspricht jetzt, die PSOE zu erneuern. Das ist keine leichte Aufgabe. Von Wahl zu Wahl sacken die Sozialisten ab und liegen nun nur noch bei 23 Prozent. Viele in der Partei fürchten ein Szenario wie in Griechenland, wo die sozialistische Pasok mittlerweile nur noch acht Prozent der Stimmen erhält und das Linksbündnis Syriza die EU-Wahlen gewonnen hat. Im Mai waren auch in Spanien die Kräfte links der PSOE erstmals fast genau so stark wie die Sozialisten selbst. Viele Wähler sind von der PSOE enttäuscht, da sie zu Beginn der Krise den Sparkurs einleitete, den die Konservativen dann entschlossen weiterverfolgten.
Einen Linksruck, der diese Wählerwanderung der Empörten stoppen könnte, wird es unter Sánchez nicht geben. "Ich werde so weit links sein wie die Basis", erklärte der seit 2006 verheiratete Vater zweier Töchter am Wahlabend. Und diese gab dem Kandidaten der Parteilinken nur 15 Prozent der Stimmen. (Reiner Wandler, DER STANDARD, 15.7.2014)