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Die Tochterbank der Hypo Group in Liechtenstein war Umschlagplatz für denkwürdige Geschäfte. Der Geldtransport in Koffern soll laut Involvierten nichts Unübliches gewesen sein.


Foto: AP/Balzarini

Wien - Am Montag ist in München der Strafprozess gegen die Ex-BayernLB-Chefs rund um Werner Schmidt weitergegangen; ihnen wird vorgeworfen, die Hypo Alpe Adria 2007 zu teuer gekauft zu haben. Die Angeklagten bestreiten das. Ausgesagt hat ein damaliger Mitarbeiter des BayernLB-Vorstandssekretariats, der vor dem Kauf eine erste Einschätzung der Hypo abgeben sollte. Seine Informationen habe er aus öffentlich zugänglichen Quellen im Internet genommen, etwa aus dem Bericht über die Hypo-Bilanzprobleme (Spekulationsverluste; Anm). Der Zeuge ("Ich hab selten so ein schlechtes Unternehmen gesehen") wertete die Übernahme der Kärntner Bank als "hochriskant".

Die Hypo sei ihm vorgekommen "wie eine ausgequetschte Zitrone", die BayernLB wie "die Titanic, die auf den Eisberg zusteuert". Dem Vorstand habe er seine Bedenken aber nicht mitgeteilt - wofür der Richter gar kein Verständnis zeigte.

Die Aussage des Bayern wird auch in Österreich sehr interessieren: Hier haben die Bayern ja auf Rückabwicklung ihres Kaufs 2007 geklagt. Sie behaupten, damals über den schlechten Zustand der Hypo getäuscht worden zu sein; das Verfahren am Handelsgericht Wien geht im Herbst weiter.

Österreich prüft Anfechtung

Möglicherweise wird es der österreichische Staat den Bayern gleichtun. Die Österreicher prüfen ihrerseits, ob sie die Verstaatlichung von 2009 wegen Irrtums/Täuschung anfechten. Zu diesem Zweck errechnen die Wirtschaftsprüfer Fritz Kleiner aus Graz und AKKT aus Linz den Kapitalbedarf per Ende 2009. Damals sprach Hypo-Chef Franz Pinkl von zwei Milliarden, die Vorarbeiten Kleiners und der AKKT legen fünf Milliarden näher. Ende August will das Finanzministerium entscheiden, ob die Anfechtungsklage eingebracht wird.

Wer auch immer sie betreibt, ob Österreicher oder Deutsche: Die Aufarbeitung der Hypo-Vergangenheit gibt immer wieder augenöffnende Blicke ins Biotop der früheren Landesbank frei. Etwa auf den Streit der einstigen Bankchefs Günter Striedinger und Wolfgang Kulterer, die laut jüngstem Bericht der Soko Hypo selbst hinter den Hypo-finanzierten Projekten ABMaris, Darija und Puris gestanden sein und sich bereichert haben sollen. Sie bestreiten das.

Geschäfte mit dem Koffer

Die Exbanker sollen sich bei diesen Deals ihres Kunden, des Waffenhändlers Vladimir Zagorec, bedient haben bzw. dessen Stiftungen und Anstalten. Die fünf Millionen Euro ("Privatkredit") für Striedinger und zwei weitere Exbanker, die Zagorec in Vaduz in bar in einer "braunen Tasche" übergab (der Standard berichtete), sollen übrigens gleich wieder eingezahlt worden sein. In seiner Beschuldigteneinvernahme erklärte der ehemalige Vize-Verteidigungsminister Kroatiens, er habe an dem Tag mit den Vaduzer Bankern im Sonnenhof zu Mittag gegessen. Die hätten ihm erzählt, dass Kulterer wenige Minuten nach der Übergabe (mit brauner Tasche) in die Bank gekommen sei und das Geld wieder einbezahlt habe. Auf welches Konto - das fanden die Ermittler nicht heraus. Die Spur hat sich verloren.

Zagorec, der mit den Ermittlern kooperiert und angeblich den von ihm verursachten Schaden wieder gutmachen will, fühlt sich offenbar auch vom (früheren) Anwalt seines Vertrauens und des der Hypo, Gerold H., hintergangen. Der habe "für mich absolut unbekannte Handlungen gesetzt, etwa Gründungen von Gesellschaften, Geldtransfers, Bargeldbehebungen ... sowie Investitionen in Panama, Amerika usw.". H. habe ihn "in der Zeit, die ich in der absoluten Gefängnisisolation in Kroatien verbracht habe (wegen Amtsmissbrauchs; Anm.), ausgenützt, mich in eine ... nicht beneidenswerte Lage gebracht und schwer finanziell geschädigt". Auf den Dokumenten fehlten denn auch seine Unterschriften.

"Geschockt und entsetzt"

Zagorec äußerte "Schockiertheit und Entsetzen". Anwalt H. beruft sich auf "mündliche Aufträge" des Exgenerals. Der soll laut Zeugen aus der Bank selbst erzählt haben, dass er "überhöhte Kreditanträge bei der Hypo gestellt und das ,überflüssige' Geld auf Konten seiner Gesellschaften parkiert hat".

Recht unbürokratisch ging es auch bei der Besetzung von Positionen in AB Maris und Darija zu. Der frühere Darija-Geschäftsführer Nevio M. etwa verdankte seine Position (1999 bis 2009) seiner Musikalität. Er habe mit Hypo-Berater Milan N. (hielt ein Drittel an der Darija-Mutter IEK) in einer Musikband gespielt und das Jobangebot wegen seiner Fremdsprachenkenntnisse bekommen, sagte er als Zeuge aus. Er sei zunächst Chauffeur von N. gewesen, nur wenn es etwas zu unterschrieben gab für Darija, habe er das getan.

Locker war dann auch die Hypo bei der Kreditvergabe für die - notabene: mutmaßlichen - Tourismusprojekte der Bankchefs in Istrien. Die Kreditverträge zwischen Hypo und Kreditnehmer waren unterschrieben, noch bevor überhaupt Kreditanträge vorlagen.  (Renate Graber, DER STANDARD, 15.7.2014)