Serbiens Ministerpräsident Aleksandar Vučić hat kein Glück mit seinen Finanzministern. Vor knapp sechs Monaten reichte Finanzminister Saša Radulović seinen Rücktritt ein, und das tat am Samstag auch Finanzminister Lazar Krstić. Beide eigens vom Regierungschef auserlesene Experten forderten schnellere und härtere Sparmaßnahmen, als das von Vučić gebilligte Programm der "finanziellen Konsolidierung" Serbiens vorsieht.

"Unter anderem halte ich es für erforderlich, dass Renten um mindestens 20 Prozent, Einkommen im öffentlichen Dienst um 15 Prozent gesenkt, der Strompreis um 30 Prozent erhöht wird, und in zwei Jahren rund 160.000 Arbeitnehmer entlassen werden", erklärte Krstić. Doch der Ministerpräsident hätte ein "weiches Herz", und deshalb genieße er auch eine so große Unterstützung im Volk. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, der Vučić heftig als "Populisten" kritisierte, dem der Reformwille fehle, wird Krstić zum Sonderberater des Ministerpräsidenten, denn im Wesentlichen sei man sich darüber einig, was zu tun sei, nur das Tempo der Reformen sehe man anders. Wirtschaftsminister Dušan Vujović wird vorübergehend das Finanzministerium übernehmen.

Nachdem Krstić wie ein rücksichtsloser "schlechter Polizist" die erschreckenden Ziffern darlegte, ergriff Vučić bei der gemeinsamen Pressekonferenz wie ein mit seinem Volk mitfühlender "guter Polizist" das Wort. Mit den von Krstić geforderten Sparmaßnahmen sei er im Prinzip einig, doch man müsse auch darauf achten, was die Bürger in der schwierigen sozialen Lage ertragen könnten. Vučić schloss ebenfalls die Senkung der Renten und die Erhöhung des Strompreises nicht aus, doch "nicht in seinem so hohen Prozentsatz". Er sicherte zu, dass der Reformprozess nicht aufzuhalten sei, ganz im Sinne der vom Internationalen Währungsfond und der Weltbank geforderten Maßnahmen.

Der Rücktritt des Finanzministers überschattete das neue Arbeitsgesetz, dass trotz der Proteste der Gewerkschaften noch in dieser Woche im Parlament verabschiedet werden sollte. Das Arbeitsgesetz soll den Arbeitgebern ermöglichen, einfacher und mit wesentlich kleineren Abfindungen Arbeitnehmer zu entlassen. Das sollte verhelfen neue Arbeitsplätze zu schaffen, denn, so Vučić, wegen dem veralteten Arbeitsgesetz habe Serbien heute 354.000 Arbeitsplätze weniger als 2005. Die oppositionelle Demokratische Partei (DS) meint dagegen, dass das neue Arbeitsgesetz als Folge die Entlassung von tausenden Menschen haben, und keine neuen Arbeitsplätze verschaffen werde. Der Rücktritt des Finanzministers sei laut DS eine "Farce", die zeigen sollte, dass die Bürger nur dem "guten Herzen Vučićs" zu verdanken haben, nicht noch schlechter davon gekommen zu sein.

Die de facto Arbeitslosigkeit in Serbien beträgt rund 25 Prozent, 9,2 Prozent (fast 700.000 Menschen) leben unter der Armutsgrenze. Das Durchschnittseinkommen beträgt rund 380 Euro. Man befürchtet, dass Sparmaßnahmen soziale Proteste auslösen könnten. (Andrej Ivanji aus Belgrad, derStandard.at, 13.7.2014)