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Durch israelische Luftangriffe beschädigtes Wohnhaus in Gaza.

Foto: EPA/MOHAMMED SABER

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Israelische Truppen an der Grenze zum Gazastreifen.

Foto: EPA/ABIR SULTAN

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Blick auf das nächtliche Tel Aviv. Am Himmel sind Abfangraketen des "Iron Dome"-Systems zu erkennen.

Foto: AP/Dan Balilty

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Brennende Tankstelle in Ashdod.

Foto: REUTERS/Avi Roccah

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Durch einen israelischen Luftangriff zerstörtes Haus in Rafah.

Foto: REUTERS/Ibraheem Abu Mustafa

Jerusalem - Israel hat vor einer möglichen Bodenoffensive drei Infanteriebrigaden an die Grenze zum Gazastreifen verlegt. Ein oder zwei weitere Brigaden sollten in den kommenden Tagen zur Verstärkung anrücken, sagte der israelische Armeesprecher Peter Lerner. Die Zahl der Toten bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen stieg nach palästinensischen Angaben am Freitag auf über hundert.

US-Botschafter Dan Shapiro sicherte Israel die volle Rückendeckung Washingtons auch im Fall einer Bodenoffensive im Gazastreifen zu. "Keiner will eine solche Bodenoffensive, und bei uns gibt es den Willen, dass Hamas den Raketenbeschuss stoppt", sagte der Botschafter dem israelischen Armeesender. "Israel hat aber auf jeden Fall volle amerikanische Rückendeckung."

Raketen aus dem Libanon

Der blutige Konflikt droht sich weiter auszuweiten. Erstmals seit Beginn des Schlagabtausches wurde auch aus dem Libanon mindestens eine Rakete auf Israel abgefeuert. Lerner bestätigte, ein Geschoß sei in der Nähe der Grenzstadt Metullah gefunden worden. Es gab keine Berichte über Opfer. Israelische Artillerie habe in den Libanon zurückgeschossen. "Die israelische Armee ist auch an der nördlichen Front in Alarmbereitschaft", sagte Lerner.

Die Raketen seien vor Tagesanbruch aus der Region Mardschajun-Hasbaja abgefeuert worden, teilte das libanesische Militär mit. Zwei Abschussvorrichtungen seien entdeckt und abgebaut worden. In libanesischen Sicherheitskreisen war von insgesamt fünf in Richtung Israel abgefeuerten Raketen die Rede. Zwei hätten israelisches Gebiet erreicht, eine sei auf libanesischem Gebiet niedergegangen, zwei weitere seien abgefangen worden.

Eine Rakete schlug nach Angaben eines israelischen Militärsprechers nahe dem Kibbuz Kfar Juwal ein. Es habe keine Opfer und keine Sachschäden gegeben. Ein zweites Geschoß ging Militärangaben zufolge auf freiem Gelände nieder. Das israelische Militär reagierte mit Artilleriefeuer.

Die libanesische Polizei hat einen Verdächtigen festgenommen. Wie am Freitag aus Sicherheitskreisen verlautete, gestand der Mann die Tat, bei der er selbst verletzt wurde. Der mutmaßliche Täter soll Verbindungen zum sunnitischen Terrornetzwerk Al-Kaida und zwei palästinensische Helfer gehabt haben.

Tel Aviv unter Beschuss

In Tel Aviv heulten am Vormittag Alarmsirenen. Über Lautsprecher wurden die Menschen aufgerufen, in Schutzräume zu eilen. Es waren mehrere dumpfe Explosionen zu hören. Die Armee teilte mit, drei Raketen seien über dem Großraum der Küstenmetropole abgefangen worden.

Flughafen angegriffen

Der bewaffnete Hamas-Flügel teilte über Twitter mit, die Organisation habe den internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv mit vier Raketen des Typs M-75 angegriffen. Die israelische Nachrichtenseite "ynet" berichtete, der Flugverkehr sei während des Raketenalarms gestoppt worden. Ein Sprecher des Flughafens war zunächst nicht zu erreichen.

Tankstelle getroffen

In der Hafenstadt Ashdod im Süden Israels trafen in der Nacht Raketen aus dem Gazastreifen eine Tankstelle. Im Fernsehen waren meterhohe Flammen und eine Rauchsäule zu sehen.

Mehrere Menschen seien verletzt worden, berichtete Israels staatlicher Rundfunk, ein Mann befinde sich in lebensbedrohlichem Zustand.

Israel hatte den Militäreinsatz in der Nacht zum Dienstag begonnen, um den ständigen Raketenbeschuss israelischer Ortschaften zu unterbinden. Binnen drei Tagen beschoss die Luftwaffe nach israelischen Angaben 1.100 Ziele im Gazastreifen, die Hälfte davon Raketenabschussrampen.

UNO verurteilt Luftangriffe

Israel verstößt mit den Angriffen auf Wohnhäuser im Gazastreifen nach Einschätzung der UNO womöglich gegen internationales Recht. Berichte legten nahe, dass viele der zivilen Opfer, unter ihnen Kinder, bei der Bombardierung der Häuser getötet worden seien, sagte die Sprecherin des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Ravina Shamdasani, am Freitag in Genf.

Daher sei es fraglich, ob die Luftangriffe Israels im Einklang mit dem Kriegsrecht und den Menschenrechten stünden. Häuser seien keine "legitimen militärischen Ziele", falls sie auch für zivile Zwecke genutzt würden, betonte Shamdasani. In jedem Fall müssten Vorkehrungen getroffen werden, um unschuldige Opfer zu verhindern. Shamdasani rief auch die bewaffneten Gruppen aufseiten der Palästinenser auf, ihre Angriffe auf Wohngebiete in Israel einzustellen.

Reservisten mobilisiert

Insgesamt wurden 33.000 israelische Reservisten mobilisiert. Militante Palästinenser hätten 550 Raketen auf Israel abgefeuert, von denen rund 400 eingeschlagen seien, sagte Lerner. Die Raketenabwehr habe etwa 120 weitere Geschoße in der Luft abgefangen. Einem anderen Bericht zufolge, der sich ebenfalls auf Militärangaben beruft, sollen seit Dienstag 470 Geschoße vom Gazastreifen aus auf Israel abgefeuert worden sein.

Der Sprecher der Rettungsdienste im Gazastreifen, Ashraf al-Kidra, sprach am Freitag über Twitter von 670 Verletzten seit Beginn der israelischen Offensive. Es mehren sich die Berichte über zivile Opfer, darunter Frauen und Kinder.

Unterschiedliche Angaben zu Opferzahl

Der Nachrichtenagentur AFP zufolge schrieb Kidra von 95 Toten, anderen Berichten zufolge wurden bereits 98 Menschen getötet. Demgegenüber berichtete die Nachrichtenagentur Reuters von mindestens 79 Toten.

Auslöser der jüngsten Krise waren die Ermordung dreier jüdischer Jugendlicher und der mutmaßliche Rachemord an einem palästinensischen Jugendlichen. Die USA, Israel und die EU stufen die Hamas mit ihren Milizen als Terrororganisation ein. Israel sieht die zweitgrößte palästinensische Gruppe aber auch als Ordnungsmacht im Gazastreifen.

Israelische Medien berichteten am Freitag, eine Frau in den Siebzigern sei bei einem Raketenalarm auf dem Weg zu einem Schutzraum in der Hafenstadt Haifa im Norden des Landes zusammengebrochen und gestorben. Man gehe von einem Herzinfarkt aus, berichtete der israelische Rundfunk.

Obama will vermitteln

US-Präsident Barack Obama bot eine Vermittlung Washingtons in dem eskalierenden Konflikt an. Die USA seien bereit, ein "Ende der Feindseligkeiten" herbeizuführen, sagte Obama in einem Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu laut einer Mitteilung des Weißen Hauses.

Netanjahu kündigte am Donnerstagabend nach mehr als sechsstündigen Beratungen mit seinem Sicherheitskabinett "weitere Stufen" des Militäreinsatzes gegen die Extremisten im Gazastreifen an. Die Hamas zeigte sich genauso unnachgiebig und erklärte, sie könne den Kampf noch monatelang fortsetzen.

Ägypten schließt Grenzübergang

Ägypten hat seinen Grenzübergang Rafah zum Gazastreifen nach eintägiger Öffnung wieder geschlossen. Das teilte die Innenbehörde am Freitag in Gaza mit. Ägypten hatte am Vortag die Grenze für Verwundete zwischenzeitlich geöffnet. 510 Palästinenser seien nach Ägypten gebracht worden, teilte die UN-Hilfsorganisation für Palästinaflüchtlinge UNRWA mit.

Verletzte, die am Freitag noch am Grenzübergang gewartet hatten, mussten in palästinensische Krankenhäuser gebracht werden. Abgesehen von den Grenzübergängen nach Israel ist der Übergang in Rafah für Palästinenser die einzige Möglichkeit, den Gazastreifen zu verlassen. Ägyptens Regierung hatte die Grenze zum Gazastreifen im Juni geschlossen. (APA, 11.7.2014)