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Torhüter Jasper Cillessen war nach dem verlorenen Elferschießen kaum zu trösten. Schon gar nicht von Bondscoach Louis van Gaal, der ihm ja im Vorfeld elferbezüglich Unfähigkeit attestiert hatte.

Foto: apa/epa/sayao

São Paulo - Eine Ironie des Schicksals, dass nach dem endgültigen Ende eines Spiels "von monumentaler Langeweile" (De Volkskrant) ein Torhüter die wärmsten Worte für den größten Verlierer fand. "Ich war 20, kam in ein fremdes Land, verstand kein Wort. Er hat jeden Tag Spanisch mit mir gesprochen. Er war meine Rettung", sagte Argentiniens Elfmeterheld Sergio Germán Romero über Louis van Gaal, den Coach der geschlagenen Niederländer. Van Gaal hatte Romero 2007 von Racing Club Avellaneda zum AZ Alkmaar geholt, ihm das Tor zu einer internationalen Karriere geöffnet.

"Ein Witz"

Das Bonmot, er habe dem Talent auch beigebracht, wie man Elfmeter hält, nahm der scheidende Bondscoach nach etwas Nachdenken zurück. Das sei "nur ein Witz" gewesen. Von seinen Spielern hat wohl keiner gelacht, schon gar nicht Jasper Cillessen. Den Goalie von Ajax Amsterdam hatte der Trainer durch die Einwechselung des Kollegen Tim Krul für das Elferschießen gegen Costa Rica vor aller Welt desavouiert. Folgerichtig sah Cillessen trotz seiner hilflosen Versuche, Krul in dessen unsportlichem Verhalten gegenüber den Schützen zu imitieren, gegen die argentinischen Penaltys kein Land. Beim Abgang reagierte der Geschlagene auf van Gaals Tröstungsversuche, als sei ihm ein ekeliges Insekt über den Weg gekrochen.

Van Gaal, der seine Verdienste gerne hervorhebt, nannte die Niederlage im Elferschießen geschmacksicher "schlimmer als ein 1:7". Das sei "eben Glückssache, eine Lotterie". Er hätte Krul wieder eingewechselt, wenn er nicht den angeschlagenen Robin van Persie durch Klaas-Jan Huntelaar ersetzen hätte müssen. Mit der Eröffnung, dass sich zwei seiner Stars geweigert hatten, den ersten Elfer zu schießen, weshalb Abwehrknecht Ron Vlaar antreten musste und auch prompt versagte, ließ sich auch vortrefflich eine Analyse verhindern.

An Taktik erstickt

Die lieferte ARD-Experte Mehmet Scholl: Van Gaal habe mit seinen taktischen Spielereien zeigen wollen, "dass er nicht nur den Fußball-Keks, sondern den allergrößten Fußball-Keks gegessen hat". Sein Team, mit dem 5:1 gegen Spanien traumhaft in die WM gestartet, sei nach und nach regelrecht erstickt an den taktischen Vorgaben des Trainers. "Wer in den letzten 240 Minuten kein Tor schießt, hat in einem Finale nichts zu suchen", urteilte De Volkskrant.

"Das Problem war, dass die Holländer so beschäftigt damit waren, die Argentinier zu stoppen, dass sie vergessen haben zu spielen", schrieb die Daily Mail. Es klang schon wie eine Warnung an Rekordmeister Manchester United, den van Gaal nach der Weltmeisterschaft zur Reanimation übernimmt.

Am liebsten tankte der Coach gleich Kraft für seine Aufgabe in England. Auf das Spiel um Platz drei am Samstag in Brasília hat er jedenfalls keine Lust. Ganz abgesehen davon sei es "kein Fair Play", dass die Brasilianer einen Tag mehr zur Vorbereitung haben. So bestehe das Risiko, "dass man eventuell zweimal in Folge verliert. Und dass man damit ein Turnier, das so toll war, vielleicht als Loser beendet." Für einen van Gaal undenkbar. (sid, lü - DER STANDARD, 11.7.2014)