Handfeste Auseinandersetzung vor malerischer Sonnenuntergangskulisse: Franz Rogowski als Clemens in "Love Steaks" von Jakob Lass.

Foto: Polyfilm

Wien - Der helle Marmorfliesenboden ist so glatt, dass man leicht darauf ausrutscht. Der Länge nach schlittert Clemens (Franz Rogowski) durch den Gang. Beim Wischen im Spa verliert er mehr als einmal völlig den Halt. Lara (Lana Cooper) nennt Clemens "Clementine". Lara ist wild, sie geht über Grenzen. Sie fällt nicht gleich um, aber auf. Laut lachend lässt sie sich von der Polizei abführen. Später kotzt sie ein Badezimmer voll. Clemens macht sauber.

Schauplatz ist ein Wellnesshotel irgendwo an der Ostsee. Clemens arbeitet dort als Massagetherapeut, Lara als Kochlehrling. Clemens ist noch auf Probe, Lara hat sich in diesem Arbeitsumfeld bereits einen Platz und eine Rolle erobert. Die Annäherung dieser beiden in vieler Hinsicht gegensätzlichen und gegen traditionelle Geschlechterrollen gebürsteten Figuren steht im Zentrum von Jakob Lass' Love Steaks. Seine beiden Hauptdarsteller - und das Team - hat der Berliner Filmemacher in den Betrieb eines real existierenden Grand Hotels hineingestellt. Aus Szenenskizzen und im Zusammenspiel mit Personal und Gästen entwickelt sich in 28 Drehtagen eine bündige kleine Erzählung.

Im Vordergrund stehen entsprechend teilimprovisierte Situationen, die sich nicht notwendigerweise im Dialog, sondern auch als Verausgabung - oder Rückzug - der Körper entwickeln: bei Arbeitsvorgängen, Mutproben, Entspannungsübungen oder Ritualen, beim Rumalbern am Gelände. Das hat Leichtigkeit, aber das Draufgängertum von Lara ist auch beunruhigend.

Die Konsequenz daraus ist am Ende unerwartet, auch der Rest des Films überrascht mit eigenwilligen Einfällen. Nicht zuletzt mit (Selbst-)Darstellern unterm Personal wie dem "Fuchs", dem Concierge, der sprachlich souverän die Register zieht - einmal joviale Professionalität, dann unangenehm schneidende Autorität vermittelt.

Nach Jan-Ole Gerster mit Oh Boy von 2012 scheint Jakob Lass mit seinem zweiten, an der nunmehrigen Filmuniversität Babelsberg produzierten Spielfilm nun die nächste Erfolgsgeschichte eines jungen deutschen Kinos zu glücken, das zwischen etablierten Formen in Mainstream und Autorenfilm nach eigenen Wegen sucht: Seit der Uraufführung beim Filmfest München 2013 war Love Steaks auf rund einem Dutzend weiterer Festivals weltweit vertreten.

In München schon vierfach in der Kategorie "Neues Deutsches Kino" prämiert, gewann er heuer unter anderem den Wettbewerb beim Max-Ophüls-Festival. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 10.7.2014)