Vatikanstadt -  Der scheidende Chef der Vatikanbank (IOR), der Deutsche Ernst von Freyberg, beklagt Intrigen in der Führungsetage des Vatikan. "Manchmal hat man das Gefühl, dass sich gerade an der Kurie nicht nur die besten Köpfe, sondern auch große Intriganten tummeln", sagte von Freyberg laut Kathpress in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung am Mittwoch. Enst von Freyberg gibt die Leitung des päpstlichen Finanzinstituts nach nur knapp 17 Monaten ab.

Seine Mission sei erledigt, betonte der 55-Jährige: "Wir haben 16.300 Kunden geprüft. Die Bank ist jetzt sauber! Das war mein Ziel." Er habe 200-mal Anzeige wegen Geldwäsche-Verdachts gestellt und 3.000 Konten geschlossen. "Damit habe ich mir nicht nur Freunde gemacht."

Zweifelhafte Investments

Kritisch äußerte sich von Freyberg auch zu den Beratern und Anwälten des Vatikan. Er habe "nahezu alle Beratungsverträge bei der Bank gekündigt", aber manch einer "wittert jetzt natürlich wieder das große Geschäft". Insgesamt hätten den Papst "zweifelhafte Investments aus der Vergangenheit gut 45 Millionen gekostet".

Auf den Einfluss seiner Arbeit auf das persönliche Verhältnis zur Kirche angesprochen, sagte von Freyberg der Zeitung: "Mein Glaube ist gestärkt! Ich bin stolz, der Kirche dienen zu dürfen."

Der neue Präsident, Jean-Baptiste de Franssu, hat bei einer Pressekonferenz am Mittwoch im Vatikan versprochen, dass er den Reformprozess fortsetzen werde, wonach das Geldhaus ausschließlich Dienste für die Kirche sicherstellen soll. Ernst von Freyberg werde die Vatikanbank in einer Übergangsphase noch unterstützen.

In den kommenden drei Jahren soll das IOR-Statut überarbeitet und die Aktivitäten der Vatikanbank neu bestimmt werden. Ziel ist, dass sich die Bank zunehmend auf Finanzberatung und Dienstleistungen für den Klerus, Kongregationen, Diözesen und Laienmitarbeiter des Vatikans konzentriert. Die Kardinalskommission zur IOR-Aufsicht, der auch der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, angehört, bleibt im Amt. Die fünfköpfige Kommission wird auf den Zagreber Kardinal Josip Bozanic ausgedehnt, teilte der Vatikan mit.

Dramatischer Gewinneinbruch

Die Vatikanbank IOR musste 2013 im Rahmen ihres Umbaus laut einer Aussendung von Kathpress einen dramatischen Gewinneinbruch hinnehmen.  Das geht aus der am Dienstag veröffentlichten Jahresbilanz hervor. Demnach sank der Nettogewinn von 86,6 Millionen Euro 2012 auf 2,9 Millionen Euro im Jahr darauf. Die Bank begründete den Rückgang mit den Kosten des vor gut einem Jahr eingeleiteten Reformprozesses. Das Eigenkapital des "Instituts für die religiösen Werke" (IOR) betrug bis Jahresende 720 Millionen Euro gegenüber 769 Millionen Euro 2012. Insgesamt verwaltet das IOR Kundeneinlagen in Höhe von 6 Milliarden Euro.

Das Institut hat die Geschäftsbeziehungen mit 3.355 Kunden aufgelöst. Auf rund 2.600 der Konten hätten seit langem keine Bewegungen mehr stattgefunden oder sie hätten nur minimale Einlagen. 396 weitere Klienten entsprächen nicht den vor einem Jahr vom Aufsichtsrat neu festgelegten Kundenkriterien. Bei 359 Kunden stehe die letzte Entscheidung noch aus. Außerdem wurden bis Ende Juni 2.100 Konten wegen mangelhafter Daten zur Identifizierung gesperrt. Mit der gründlichen Untersuchung des Kundenstamms und der Neustrukturierung der Geschäftsaktivitäten ende die erste Phase des Reformprozesses, teilte die Bank mit. In der nun anlaufenden zweiten Phase gehe es darum, das IOR in die von Papst Franziskus begonnene Gesamtreform der vatikanischen Wirtschaftsstrukturen zu integrieren. (red, derStandard.at, 9.7.2014)