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Gleiche Chancen für alle Menschen.

Foto: dpa/dpaweb

Eine in der Vorwoche der Öffentlichkeit präsentierte Studie der Universität Linz bestätigt: Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund werden auf dem österreichischen Arbeitsmarkt eklatant diskriminiert: Ein "ausländisch klingender Name" verringert demnach die Chance, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, um 25 bis 30 Prozent. Bei Personen mit afrikanischen Wurzeln sind es bis zu 50 Prozent.

Kampf gegen Diskriminierung

Die von Doris Weichselbaumer durchgeführte Studie wurde in den vergangenen Tagen von den relevanten heimischen Print- und Onlinemedien breit diskutiert. Verschiedene ExpertInnen und vereinzelt auch PolitikerInnen meldeten sich zu Wort: Es brauche anonymisierte Bewerbungsverfahren, um der Diskriminierung entgegenzuwirken, der öffentliche Dienst müsse hier eine Vorreiterrolle spielen, so die einen.

Es brauche ein Umdenken der PersonalistInnen, deren Blick auf die Potenziale von MitarbeiterInnen mit Migrationshintergrund gelenkt werden müsse, so die anderen. Zudem brauche es Mentoring-Programme für MigrantInnen, da persönlichen Netzwerken bei der Jobsuche ein immer höherer Stellenwert zukomme. Sinnvolle Maßnahmen im Kampf gegen die Diskriminierung, meine ich.

"Chance fast nur mit ausländischem Namen"

Ganz anders sehen das viele PosterInnen in den diversen Onlineforen. Wenn man in ein "fremdes Land" komme, die Sprache "kaum" beherrsche und "minderqualifiziert" sei, sei doch klar, "dass man Nummer zwei ist am Arbeitsmarkt", ist beispielsweise zu lesen. Ihr/ihm täten "die vielen Dipl. Ingenieure, Ärzte und Atomphysiker" leid, die "nur auf Grund ihres Namens ihr Dasein als Taxler fristen müssen", lässt jemand wissen.

Dass MigrantInnen benachteiligt seien, sei "auch gut so – Österreicher zuerst!!!", postet jemand anderer. Das Einzige, worum es Studienautorin Weichselbaumer gehe, sei, "die Überfremdung voranzutreiben". Bei der "Vergabe von Gemeindewohnungen oder bei der Arbeitsplatzvergabe der Gemeinde Wien" habe man "fast nur mit ausländischem Namen" eine Chance, macht sich eine andere Posterin Luft. "Arme Migranten", resümiert ein anderer.

ÖsterreicherIn?

Der Ausflug in die Onlineforen zeigt: Das Thema erhitzt die Gemüter. Klischeebilder werden ausgepackt, Stereotype gepflegt, das "Eigene" wird verteidigt, gegen das – vermeintlich – "Fremde" polarisiert. Aber wer sind sie eigentlich, diese Fremden, gegen die gewettert wird? Wer ist damit gemeint? Frau Korkmaz und Herr Aničić, Kind beziehungsweise Kindeskind türkischer beziehungsweise exjugoslawischer GastarbeiterInnen? Herr Sowande, der seit zehn Jahren in Wien lebende Arbeitskollege mit nigerianischen Wurzeln? Frau Schmidt, die Nachbarin mit "Berliner Schnauze"? Herr Nagy, der Polizist, der früher im Sommer seine Großeltern in Veszprém besucht hat? Und was ist mit Frau und Herrn Maier, die vor zehn Jahren nach Australien ausgewandert sind? Ist sie Österreicherin, er Österreicher? Ihre Kinder, die noch nie in Österreich waren, Fremde?

Menschen wie du und ich

In meiner Vision von einem diskriminierungs- und vorurteilsfreien Österreich leben und arbeiten Menschen wie du und ich. Manche für immer, andere werden hier vorübergehend sesshaft. In diesem Österreich haben alle Menschen dieselben Chancen. Es ist völlig irrelevant, ob jemand Aničić, Korkmaz, Maier oder Sowande heißt, ob jemand hier geboren und aufgewachsen ist oder nicht. In diesem Österreich werden Frau Korkmaz und Herr Aničić nicht dazu gezwungen, die türkische beziehungsweise serbische Staatsbürgerschaft zugunsten der österreichischen aufzugeben. Es wird respektiert, dass sie "beides" sein können.

In diesem Österreich freut man sich, wenn Bezirksinspektor Nagy seine Mehrsprachigkeit in seinem Berufsalltag anwenden kann, und begegnet seiner Muttersprache mit Wertschätzung. In diesem Österreich wirkt das Bildungssystem der Bildungsvererbung durch familiäre oder soziale Herkunft entgegen. In meiner Vision von einem diskriminierungsfreien Österreich haben Frau Korkmaz, Herr Aničić und die Kinder von Familie Maier bei Bewerbungen dieselben Chancen.

In den kommenden Monaten werde ich in diesem Blog verschiedene Vereine, Projekte und Initiativen vorstellen, die diese Vision teilen. Kritisch-konstruktive Diskussionen sind erwünscht und willkommen, Beleidigendes wird nicht kommentiert. (Meri Disoski, daStandard.at, 9.7.2014)