Wien - Schon zu Beginn der Debatte wacheln sich einige Abgeordnete mit Papier etwas Sauerstoff zu, doch nicht nur das heikle Thema lässt am Mittwoch im Parlament immer mehr Mandatare hyperventilieren: Just vor dem anstehenden Beschluss des umstrittenen Abbaugesetzes zur Kärntner Hypo ist die Klimaanlage des Hohen Hauses ausgefallen, im Plenarsaal prallen daraufhin die Hitzköpfe von Koalition und Opposition aufeinander.

Als Erster redet sich FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in Rage - und hält SPÖ und ÖVP vor, "bei diesem Kriminalfall die Leichen im Keller" zu belassen und mit dem Hypo-Schnitt für Nachranganleihen trotz Kärntner Landeshaftung Schritte zu setzen, "die rechtsstaatlich nicht zu begründen" seien. Und überhaupt wollten Rot und Schwarz alles "dem verstorbenen Jörg Haider" in die Schuhe schieben, obwohl es den Kärntner Landeshauptmann zum Zeitpunkt der "Notverstaatlichung ohne Not" ja schon gar nicht mehr gab. Eine "geordnete Insolvenz" würde den Schaden für die Steuerzahler jedenfalls eher kleinhalten, meint Strache.

Fekter fährt dazwischen

Mehr hat es nicht gebraucht. Die ehemalige Finanzministerin Maria Fekter ruft wütend dazwischen. Darauf hält Strache der nunmehrigen Kultursprecherin der ÖVP eine noch wütendere Strafpredigt: "Ja, ja, Frau Fekter, schreien Sie nur! Sie sind mitverantwortlich!" Im Nachhinein mutig zu sein sei keine Kunst, hält ihr Strache vor: "Heute im Hohen Haus können S' mutig sein - und dagegenstimmen!"

Daraufhin liest ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka Strache die Leviten - in Form von Zitaten, die er 2006 noch selbst getätigt habe: "Hier steht: 'Haider ist voll verantwortlich!'" Tumult im FPÖ-Sektor. "Sie verwechseln da ständig etwas", schimpft Lopatka mit ausgestrecktem Zeigefinger in Richtung blauer Ränge: "Hier sitzen die Brandstifter!", erklärt er. Und in Richtung des Finanzministers auf der Regierungsbank deutend: "Hier sitzt die Feuerwehr!"

Spindelegger macht stoische Miene

Der angesprochene Michael Spindelegger (ÖVP) nimmt das Spektakel mit stoischer Miene zur Kenntnis. Der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) wiederum lässt sich Zeit, um gegen den hohen Lärmpegel einzuschreiten.

Tags zuvor hat der ÖVP-Chef höchstpersönlich noch auf seinen eigenen Klub eingewirkt, für sein Sondergesetz zu stimmen, weil nicht einmal alle in der Koalition davon überzeugt sind, dass die Quasi-Enteignung der Nachranggläubiger vor den Höchstgerichten hält. Das Sondergesetz bringe aber drei Vorteile, betont Spindelegger im Parlament - nämlich 1,69 Milliarden Ersparnis für den Steuerzahler. Dazu gäbe es keine Insolvenz des Bundeslandes Kärnten - und man habe mit dieser Regelung weiterhin die niedrigsten Zinsen für die Republik.

Fekter stimmt zu

Doch das alles lässt auch der Rest der Opposition nicht gelten. Eine "geordnete Insolvenz" mit Beteiligung aller Gläubiger statt nur eines kleinen Teils hält der grüne Vize-Klubchef Werner Kogler für besser. Team-Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur kritisiert, dass SPÖ und ÖVP bisher alle 23 Anträge auf Aufklärung abgeschmettert haben, und fordert: "Her mit dem Untersuchungsausschuss!" Neos-Budgetsprecher Rainer Hable schlachtet erneut sein Gutachten aus, wonach die Kärntner Landeshaftungen ungültig seien.

Gegen 15 Uhr ist all die Aufregung schlagartig vorbei. SPÖ und ÖVP beschließen mit 96 Stimmen das Sondergesetz - darunter auch koalitionäre Kritiker wie Fekter, die im Vorfeld von einem "Mordsbauchweh" gesprochen hat. Auch sie wirft nämlich einen grauen Zettel in die Urne - also jenen, der für die Zustimmung vorgesehen ist. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 9.7.2014)