Laut Asfinag haben Lkw- und Pkw-Aufkommen auf dem ersten Teilstück der A5 deutlich zugenommen. Ab Schrick rollt der Verkehr direkt durch Ortszentren - etwa von Poysdorf.

Foto: Robert Newald

Poysdorf - "Steht einer an der B7, sieht wen auf der anderen Straßenseite und ruft: 'Wie bist denn du da rübergekommen?‘- Sagt der: 'Gar nicht, ich bin da geboren.‘" Mancher Einwohner der niederösterreichischen Weinstadt Poysdorf, durch deren Zentrum täglich tausende Pkws und Lkws brummen, kann über den Witz noch lachen. Anderen ist das Lachen vergangen. Renate Vacha etwa. Die Sprecherin einer A5-kritischen Bürgerinitiative (BI) fühlte sich von Nordautobahnbefürwortern vor kurzem so bedroht, dass sie um Polizeibewachung bat und Anzeige erstattete.

Für Sonntag ist in ihrer Gegend erneut eine Pro-A5-Demo geplant. "Wir werden da als brandschatzender Mob dargestellt", ärgert sich einer der Organisatoren. Dabei laufe alles ganz friedlich ab.

Immer mehr Fahrzeuge

Der Weiterbau der A5 bis Poysbrunn, einer Katastralgemeinde von Poysdorf, ist in der Region seit zwölf Jahren Thema. Verzögerungen wegen Sparzwangs und langwieriger Verfahren ließen die Jahre ins Land ziehen - und die Lkw- und Pkw-Massen anschwellen. Die Asfinag zählte von Gaweinstal bis Schrick 2003 rund 16.500 Kraftfahrzeuge pro Tag, davon 1600 Lkws. 2013 waren es 24.200 Kfz, davon 2400 Lkws. Sie alle rollen ab Schrick, wo seit Anfang 2010 der erste A5-Teil endet, weiter über die Brünner Straße (B7), durch die Orte.

In Poysdorf will man, dass das rasch ein Ende nimmt. Der Leidensdruck scheint schon so groß zu sein, dass die Menschen über etwaige Alternativen zur A5 gar nicht mehr reden. Kraftfahrzeuge mit polnischen, tschechischen und Mistelbacher Kennzeichen passieren Wohn- und Gasthäuser, lassen auf den Türklinken Staub zurück, brausen am Rathaus vorbei, an Geschäften und der Volksschule.

Befürworter befürchten Verzögerung

Auslöser der aktuellen Debatte war der Einspruch von Vachas BI gegen den Wasserrechtsbescheid. Man fordere ein weiteres Wasserauffangbecken, sagt Vacha. "Es geht nur darum, die A5 zu verzögern", meint wiederum der Poysdorfer Gerhard Ebinger. Es könnte sich um Wochen bis Monate handeln. Ebinger gibt sich verletzt. Zumal man noch Seite an Seite gekämpft habe, als die OMV in der Region nach Schiefergas bohren wollte. Juristisch ist die Sache klar: Die BI "A5 Mitte" hat Parteienstellung.

"Ja, aber ob das auch moralisch ist?", fragt Ebinger, der davon überzeugt ist, dass der Einspruch keine fachlich neuen Argumente enthält. Ebinger, der selbst mit der Bahn von Mistelbach zur Arbeit pendelt, hat sich der Facebook-Gruppe "Wir wollen endlich den raschen Ausbau der A5 bis Poysbrunn" angeschlossen. Die rund 3500 Mitglieder posten Verkehrsfotos und teilen Staufrust. Es fallen auch beleidigende Äußerungen gegen A5-Kritiker. Das versuche man aber zu unterbinden, sagt Ebinger.

Wilfing: "Muss klare Worte finden"

Die Gruppe hat in Verkehrslandesrat Karl Wilfing (VP) einen prominenten Unterstützer. Der Ex-Bürgermeister von Poysdorf, der oft als "Vater der A5" bezeichnet wird, sagte den Demonstranten, sie sollten dort protestieren, wo der Einspruch herkomme. Er habe nie jemanden namentlich genannt, aber: "Wenn hier nur Einzelne gegen die Bevölkerung agieren, muss man klare Worte finden", sagt er. Wilfing agiere gegen Bürgerrechte und emotionalisiere, kritisiert wiederum Grünen-Verkehrssprecherin Amrita Enzinger - wie etwa auch Global 2000.

Klare Worte findet auch der Wirt Christian Gangl, in dessen Gastgarten an der B7 man lauter reden muss, um verstanden zu werden. Gangl vermietete einst zusätzlich Fremdenzimmer. "Aber ich würde hier auch nicht freiwillig schlafen", sagt der Wirt und deutet Richtung Straße.

"Es kann nur besser werden", meint er. Wann, ist die Frage. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 5./6.6.2014)