Der kürzlich geleakte Entwurf des Justizministeriums für eine Urheberrechtsnovelle 2014 ist alles andere als ein ausgeglichener Vorschlag für ein modernes Urheberrecht. Vielmehr klingt das Papier so, als wäre es von der Lobby der Verwertungsindustrie höchstpersönlich verfasst worden. Es ist gespickt mit Geldbeschaffungsmaßnahmen zugunsten der VerwerterInnen und zulasten aller KonsumentInnen. Das Justizministerium vergibt mit diesem Entwurf die einmalige Chance, für einen gerechten Kompromiss in der Urheberrechtsdiskussion zu sorgen. Stattdessen wird einseitige Klientelpolitik betrieben.

Internet nicht verstanden

Dem Entwurf liegt ein falsches Verständnis des Mediums Internet zugrunde. Die Verwertungsgesellschaften sehen sich mit rückläufigen Einnahmen durch eine Veränderung im NutzerInnenverhalten konfrontiert. Als Antwort darauf wird mit der Einführung einer Speichermedienabgabe versucht, Geld zu lukrieren. Das ist der falsche Weg. Vielmehr sind die VerwerterInnen angehalten, vernünftige Bezahlangebote, wie es sie beispielsweise in den USA längst gibt, anzubieten. Denn UserInnen sind bereit, für gute Online-Angebote zu zahlen. Spotify und iTunes zeigen, wie es geht.

Genau das gleiche falsche Verständnis liegt dem vorliegenden Entwurf eines Leistungsschutzrechtes zugrunde. Zeitungsverlage wollen damit Geld von Suchmaschinen wie Google und so ihren Teil vom Kuchen abbekommen. Google ist aber bloß ein Wegweiser im Internet. Ein mittelalterlicher Wegezoll kann nicht das Ziel sein. Das führt zu Nachteilen für alle und nicht zuletzt für Rechtsunsicherheit für BloggerInnen.

Vielmehr sollten Zeitungen ein vernünftiges Online-Angebot aufbauen. derStandard.at zeigt, wie es gehen kann. Die Vorteile durch hohe Werbeeinnahmen liegen auf der Hand. Darüber hinaus können Zeitungen bereits jetzt ihren Content durch technische Hürden schützen und eine Listung in den Suchmaschinen vermeiden. Die meisten tun es nicht, weil ihnen dadurch eben die Klicks und Werbeeinnahmen entgehen. Übrig bleibt also wieder eine Geldbeschaffungsaktion.

Drehen wir es einmal um

Wenn Facebook von KünstlerInnen tausende Euros für ihre FB-Seite, auf der sie zigtausende UserInnen erreichen und unentgeltlich Werbung für sich machen können, verlangen würde, wäre der Aufschrei riesengroß. Nichts anderes stellt dieser Entwurf aber dar.

Gleiches gilt für die Listung von VerwerterInnen- oder KünstlerInnenseiten auf Google. Würde Google dafür Geld verlangen, wäre der Protest zu Recht vorprogrammiert.

Es zeigt sich, dass das Internet Vor- und Nachteile für alle bringt.

Verwertung: Nachteil: illegale Uploads, Vorteil: neue Vermarktungsmöglichkeiten für KünstlerInnen und VerwerterInnen.

Verlage: Nachteil: Gratiskonsum von Zeitungen, Vorteil: neue KonsumentInnen und hohe Werbeeinnahmen bei entsprechendem Angebot.

Es kann nicht sein, dass wir fehlende Innovationskraft durch Abgaben für KonsumentInnen oder Online-Dienste kompensieren.

Zurück an den Start und Gemeinwohl bedenken

Für uns als Junge Generation in der SPÖ ist vollkommen klar: Die Speichermedienabgabe ist kein geeignetes Modell, um die Privatkopie zu vergüten. Sie orientiert sich nicht am Schaden, der den KünstlerInnen entsteht, ist schon heute veraltet (Streaming, Clouds ...) und führt zu Dreifach- und Vierfachbelastungen (Festplatte, PC, MP3-Player, Sicherungskopie ...) der KonsumentInnen.

Der geleakte Entwurf ist nicht nur unausgegoren, sondern schwer einseitig und würde zu einer schmerzhaften Belastung aller KonsumentInnen führen. Daher, liebes Justizministerium: Zurück an den Start! Sinn und Gemeinwohl bedenken und nicht alles auf die KonsumentInnen abwälzen. (Leserkommentar, Marcus Gremel, derStandard.at, 4.7.2014)