"Ich habe mich nie gescheut, etwas Neues anzugehen", sagt Susanne Riess, Generaldirektorin der Wüstenrot Gruppe und ehemalige Vizekanzlerin. Bei der TraineeNet Convention im Haus der Industrie war das Karrierethema diesmal "Schritte setzen oder Bahnen folgen". Beim Podiumsgespräch teilten Führungspersönlichkeiten ihre Erfahrungen mit den Trainees.
Richtig geplant habe keiner der Podiumsgäste seine Karriere, aber die Chancen, die sich geboten haben, erkannt und genutzt. Wie das geht? "Die Kombination aus Bauchgefühl und Verstand macht es letztendlich aus", sagt Christian Maier, Chief Financial Officer der Porr AG. Und man müsse sich einfach trauen, ergänzt er. Damit sich Chancen ergeben, könne ein gutes Netzwerk sehr hilfreich sein. Eine Karriere auf Biegen und Brechen werde nicht funktionieren. Denn was nicht mit Leidenschaft, sondern aus Zwang gemacht werde, werde scheitern, ist er überzeugt.
Richtiger Zeitpunkt
Um den Zeitpunkt für Veränderung zu erkennen, sei die entscheidende Frage: "Wie lange ist mein letzter Erfolg zurück?", sagt Alfred Veider, Corporate Country Director der Thales Group Österreich, eines in Luftfahrt, Transport und Sicherheit tätigen Technologiekonzerns. Wenn man im Unternehmen nicht mehr auffalle, werde man auch für neue Aufgaben nicht mehr infrage kommen.
Dass nicht immer alles im Berufsleben wunschgemäß verlauft, kennt Riess. Wichtig sei, neugierig zu sein und keine Angst vor Veränderungen zu haben. Dafür brauche es auch eine Portion Mut. "Neben Talent, Begeisterung und Einsatzbereitschaft ist Mut die wichtigste Eigenschaft für eine erfolgreiche Karriere", sagt Riess. Und jede Entscheidung erfordere Mut. Und jene, die dauerhaft nicht erfolgreich sind, würden sich um klare Entscheidungen drücken, so ihre Erfahrung.
Aus Fehlern lernen
Nicht freiwillig geschah die Veränderung in der Karriere von Ex-Radrennprofi Bernhard Kohl. "Vor meiner Dopingsperre 2009 dachte ich: Bis 40 werde ich im Profiradsport sein und damit so viel Geld verdient haben, dass ich mir dann ein ruhiges Leben leisten kann." Aus eigener Schuld sei dieser Plan abrupt zu Ende gewesen. "Um nach so einem tiefen Fall wieder neu durchstarten zu können, muss man mit dem Vergangenen abschließen." Nur so könne Energie für Neues freigesetzt werden. Seit 2010 ist er Inhaber eines Radgeschäfts in Wien und hat mittlerweile 30 Mitarbeiter.
Der Zufall führte auf dem Berufsweg von Gabriele Zuna-Kratky, Direktorin des Technischen Museums Wien, Regie. "Ich habe Sachen immer nur so lange gemacht, solange sie Spaß gemacht haben." Dem entsprechend ist auch ihr Bildungsweg. Neben den Studien Zoologie und Erziehungswissenschaften hat sie Lehramtsprüfungen in Bildnerischer Erziehung, Deutsch, Englisch und Lebenskunde abgelegt. Weibliche Role-Models gab es am Anfang ihrer Karriere kaum. "Im Berufsleben geholfen hat, sich abzuschauen, wie man etwas nicht machen will." Das mache sie bis heute.
Ganz wesentlich für erfolgreiche Führung sei, so Veider, ein gesunder Hausverstand. "Der ist der wichtigste Ratgeber", pflichtet Riess ihm bei. Ihr Rat an Frauen: "Gehen Sie dorthin, wo das Geld ist. Denn dort werden die Entscheidungen getroffen." (red, DER STANDARD, 5./6.7.2014)