Die Regierung in Bagdad bestreitet es, aber die Umstände des Rückzugs der irakischen Armee von der Grenze zu Saudi-Arabien sind nicht ganz klar: Vielleicht ist die irakische Armeeführung ja der Meinung, dass es ganz nützlich sein könnte, wenn das Königreich mit einem möglichen Überschwappen der Isis-Offensive konfrontiert wird.

30.000 saudi-arabische Soldaten rücken nun an die Grenze vor - um mit der Isis einen Gegner des irakischen Premiers Nuri al-Maliki, der in Riad verhasst ist, des syrischen Staatschefs Assad, den Riad stürzen will, und des Iran, mit dem Riad im Hegemonialstreit liegt, abzuwehren. Eine seltsame Wendung für den Nahen Osten: Der Feind meines Feindes ist mein Feind.

Es ist aber noch komplizierter: Saudi-Arabien fühlt sich zwar von den Jihadisten des Islamischen Staats bedroht, die auch das saudische Königtum als vom Islam abgefallen betrachten. Aber Riad ist gleichzeitig auf der Seite der frustrierten irakischen Sunniten - viele von ihnen zu grenzüberschreitenden Stämmen gehörend -, die sich mit der Isis nur zusammengetan haben, weil ihnen das einen Ausweg aus der Misere unter Maliki bot.

Sie wollen die Isis lieber heute als morgen wieder loswerden, aber deswegen nicht unter die Fuchtel Bagdads zurückkehren. Das macht den saudischen Aufmarsch an der Grenze so brisant: Denn eben nicht nur die Isis ist der Feind, sondern auch die Armee des Schiiten Maliki. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 4.7.2014)