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Die Jury: Hubert Winkels, Meike Feßmann, Hildegard E. Keller, Burkhard Spinnen, Moderator Christian Ankowitsch, Daniela Strigl, Juri Steiner und Arno Dusin

Foto: APA/Gert Eggenberger

Klagenfurt - Ulrike Draesner, die im Jahr 2000 beim Bachmann-Preis las, schreibt in ihrem neuen Roman Sieben Sprünge vom Rand der Welt, in dem es unter anderem um Krieg und Vertreibung geht: "Es hat eine Bedeutung, aus welcher Landschaft man kommt, welche Erfahrung die Familie dort machte. Mit dem Wetter, der Erde, den Menschen, dem Schlag."

Um den Blick von den Rändern, um Sprünge, Grenzüberschreitungen und Lebensbrüche drehte sich auch Maja Haderlaps Klagenfurter Rede zur Literatur, mit der der Lesereigen um den Bachmann-Preis eröffnet wurde. Haderlap, die hier 2011 mit einem Text über den einer Familiengeschichte eingeschriebenen Widerstand der Kärntner Slowenen gegen die Nationalsozialisten den Hauptpreis gewinnen konnte, geht darin nicht zufällig auf das Phänomen des literarischen Sprachwechsels ein. Auch sie schrieb zunächst auf Slowenisch, kam literarisch erst spät zur deutschen Sprache - wie die Bachmann-Preisträgerinnen Olga Martynova (2012) und Katja Petrowskaja (2013). Für Haderlap ging es auch um eine Landnahme, eine Rückeroberung, und sie wirft zu Recht die Frage nach jenen literarischen Platzanweisern auf, die sich zuweilen in den Feuilletons darüber auslassen, wer, wann welche Stoffe aufnehmen darf.

Todeszone Familiensystem

Ansonsten begann der Bewerb verhalten. Wobei es die Leseauslosung wollte, dass mit Roman Marchel, Gertraud Klemm und Olga Flor gleich drei neugierig erwartete österreichische Autoren antraten. Marchel führte mit einem präzis gearbeiteten Text in die Todeszone eines Familiensystems, Gertraud Klemm machte mit ihrem Beitrag über das "Frustrationslabyrinth der Kindererziehung" (Jurorin Meike Feßmann) dort weiter, wo sie in ihrem heuer erschienenen Roman herzmilch aufhörte.

Auslegungsdebatten

Flor schließlich thematisierte ebenfalls weibliche Sexualität, Körperlichkeit - und ein Leben auf Messers Schneide. Handwerklich vermochten die Texte zu überzeugen, uneingeschränktes Lob erhielt keiner. Und die Jury? Sie verliert sich - noch - in Auslegungsdebatten. Einzig Daniela Strigl hat Betriebstemperatur erreicht. Wenn Hubert Winkels von einem "kryptophilosophischen Spiel mit Ich und Nicht-Ich" spricht, kontert Strigl mit einem einzigen Wort: "Rollentausch." Gut so. (Stefan Gmünder, DER STANDARD, 4.7.2014)