Bei der NSA, die sich, außer gelegentlich einen Terroranschlag oder einen Mitarbeiter, nichts von Weltbedeutung entgehen lässt und daher auch Österreich wachsam unter ihren Fittichen hält, müssen dieser Tage die Computer geglüht haben: Shitstormy weather in Austria! Patrioten, wie sie dort werken, werden tief beeindruckt gewesen sein von der Zivilcourage, mit der eine musikalische Lederhose einem unter feministischer Fuchtel stehenden Nationalrat auf den Flügeln des Gesanges die Stirn geboten hat. Irgendetwas musste der Volks- als Hymnensänger schließlich tun, damit ihm die begnadete Schönheit eines aufsteigenden Phoenix nicht die Butter vom Wurstbrot stiehlt.

Leider ist sein tieferes Anliegen - die berührende Poesie des Originaltextes vor willkürlichen Eingriffen im Zeichen eines modischen Zeitgeistes zu bewahren - in jenen zahlreichen Äußerungen des politischen Bewusstseins ein wenig untergegangen, die dann das Soziale an den sozialen Netzwerken nur allzu deutlich hervortreten ließen. Sein Ringen um das Original kam freilich etwas spät, hat doch schon 1947 ein feministisch allerdings nur leicht angehauchter Ministerrat wenigstens den von der Dichterin vorgesehenen machistischen Doppelpack "Großer Väter freie Söhne" in "Heimat bist du großer Söhne" abgemildert. Da gab es aber auch noch kein Internet.

Bei ihrer Hymne hört sich für die Österreicherinnen und Österreicher der Spaß auf. Das liegt vielleicht daran, dass sie so oft umlernen mussten, da will man doch nicht gleich wieder was Neues, wenn man kaum noch die geltende Fassung beherrscht. Andere Völker machen es sich da leichter. Die haben Hymnen bis zu zweihundert Jahre lang, und egal, wie sich die Welt verändert - Töchter finden darin nicht statt. Die schummeln sich um das Problem herum, etwa indem sie die Bürger im Allgemeinen (aber keine Bürgerinnen im Besonderen!) zu den Waffen rufen, weil der Tag des Ruhms schon wieder einmal gekommen sei, wenn auch nur nur bei einer Fußballweltmeisterschaft.

Schon an der Kaiserhymne wurde wiederholt herumgefummelt, was dem Bestand der Monarchie sicher nicht dienlich war. So richtig erdig wurde es dann in der Republik. Da reimte ein Staatskanzler "Deutschösterreich, du herrliches Land", bis ein früher Nazimitläufer "Sei gesegnet ohne Ende, Heimaterde wundermild" verkündete, ehe es, nach einem kleinen textlichen Zwischenspiel, wieder mit der Heimat und den Bergen losging. Am liebsten rühmt man sich hier daher des Altgewohnten, für das man nichts kann, weil es ohne eigenes Zutun geschah.

Da stört es viele, wenn ihnen nach kaum siebzig Jahren schon wieder Veränderung aufgezwungen wird. Was jetzt? Erst dem Vaterland die Treue schwören und dann dieser Matriotismus! Da tritt der Österreicher hin - beflügelt, wenn anonym. Überraschend ist nicht der Shitstorm. Unflat im Netz ist nicht neu, und Gewalt gegen Frauen zählt im Land, begnadet für das Schöne, zur männlichen Körperkultur. Wie gut, dass da im Internet auch der Geist geübt werden kann. Überraschend ist eher, dass Strache noch keinen Hymnen-Untersuchungsausschuss fordert. (Günter Traxler, DER STANDARD, 4.7.2014)