Wien – Videos gelten in einem Strafprozess gemeinhin als passable Beweismittel. Im Gegensatz zu Zeugenaussagen besteht keine Gefahr, dass die Erinnerung verschwimmt. Im Prozess gegen Christof R. und Almuth G., 32 und 25 Jahre alt, sind sie weniger hilfreich. Denn die entscheidenden Szenen, um die es in dem Verfahren wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Verleumdung von Polizisten geht, sind kaum zu sehen.

Am 19. Oktober sollen sich die beiden auf dem Partyschiff in Wien gegen 9 Uhr Früh gegen ihre Festnahme gewehrt haben, wirft die Staatsanwaltschaft dem Duo vor. Die wiederum behaupten, sie hätten gar nicht gewusst, dass und warum sie festgenommen worden seien.

Schon bei der Amtshandlung seien sie misshandelt worden, erst recht in der Polizeizelle: Von mindestens 30 Tritten gegen Bauch, Rücken und Kopf berichtete der Erstangeklagte.

Polizisten bestreiten Gewalt

Beteiligte Polizisten, die am Mittwoch als Zeugen aussagen, streiten die Vorwürfe allesamt ab. Es habe keine Gewalt gegeben, die beiden Angeklagten seien aggressiv gewesen.

Eskaliert sei die Situation, als ein nicht bewilligtes Fest auf dem Schiff beendet werden sollte. Christof R. habe sich geweigert zu gehen und sei immer rabiater geworden. Nachdem er gefesselt auf dem Boden lag, sei auch seine eher schmächtige Freundin auf Beamte losgegangen.

Verteidiger Josef Wegrostek versucht teils suggestiv, Widersprüche in den Aussagen der Polizistinnen und Polizisten aufzuzeigen. Fairerweise muss man sagen, dass es dabei eher um genaue zeitliche Abläufe und handelnde Personen geht, in der Sache selbst decken sich die Angaben ziemlich.

Tumult zu sehen

Richterin Olivia-Nina Frigo muss auf die von Partygästen gedrehten Handyvideos hoffen. Nur: Auch die ergeben kein klares Bild. So ist zu sehen, dass die Zweitangeklagte zunächst ruhig steht, sich dann in Richtung der Polizisten bewegt und ein Tumult entsteht.

"Sie haben mir mit dem Ellbogen ins Gesicht geschlagen", schreit G. – nur wechselt der Filmer genau da die Position, zu sehen ist also nichts. Dokumentiert ist allerdings, dass drei Beamte die Studentin anschließend kaum bändigen können.

Sie sei aus dem Nichts heraus angegriffen worden, sagt sie. Losreißen wollte sie sich erst, als ihr die Arme nach hinten gezogen worden seien. "Ich hatte irrsinnige Schmerzen", erklärt sie der Richterin.

Etwas überraschend sagt sie aber auch, sie habe die Personen, die ihr die Hände nach hinten rissen, nicht als Polizisten wahrgenommen - obwohl außer Beamten auf dem Video niemand in der näheren Umgebung zu sehen ist.

Ausgedehnte Anklage

Den Ellbogencheck habe es aber gegeben: Zweimal sogar, zusätzlich habe ihr die Beamtin mehrmals mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. Eine Aussage, die die Staatsanwältin dazu bewegt, die Verleumdungsklage gegen G. auszudehnen.

Fortsetzung im September. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 3.7.2014)