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Mikroplastik: Kleine Kügelchen aus Kosmetikprodukten werden in Kläranlagen zum Riesenproblem.

Foto: AP/Carolyn Kaster

Wien - Wahrscheinlich steht in fast jedem Badezimmer das eine oder andere Produkt, das Mikroplastik enthält: Die weniger als einen Millimeter kleinen Plastikkügelchen sind in etlichen Zahnpasten und Peelings enthalten, die Haut oder Zähne glatt scheuern und besonders sauber machen sollen. Diese besonders gründliche Hygiene hat ihren Preis, den die Umwelt - und letztlich wieder der Mensch - bezahlt.

Da die Kügelchen so klein sind, schlüpft ein Teil durch die Filter von Kläranlagen und gelangt so in die Gewässer. Dazu gibt es mittlerweile auch Zahlen, zumindest aus den USA: Allein im Bundesstaat New York mit knapp 20 Millionen Einwohnern werden jährlich an die 20 Tonnen Mikroplastik in die Gewässer abgegeben. In Küstengebieten der Großen Seen an der Grenze zu Kanada hat man mit extrem feinen Netzen nach Plastikmüll gesucht - und fand bis zu 466.000 Plastikteilchen pro Quadratkilometer. Davon waren 81 Prozent kosmetische Mikroplastikkügelchen, wie Forscher unlängst in der Fachzeitschrift "Marine Pollution Bulletin" berichteten.

Das Schlimme daran: Die Kügelchen haben erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt. Sie werden im Verdauungsapparat von Tieren gespeichert, bewirken bei Muscheln etwa heftige Entzündungsreaktionen und können so zu ihrem Tod führen. Außerdem können sich die Kügelchen selbst mit Pestiziden wie DDT anreichern, was sie noch ungesünder macht.

Mikroplastik verunreinigt aber nicht nur Gewässer: Ein Teil bleibt im Klärschlamm hängen, der wiederum in der Landwirtschaft genutzt wird. Durch Wind gelangen die Teilchen in die Luft. Sie werden auf die Wiesen und die dort blühenden Blumen getragen. Bienen nehmen das Plastik beim Bestäuben der Pollen auf und transportieren es in ihren Bienenstock, Kühe nehmen die Teilchen beim Fressen zu sich.

Entsprechend findet sich Mikroplastik nicht nur in Ihrem Badezimmer, sondern womöglich - in sehr viel geringerer Konzentration - auch schon in der Küche: Der deutsche Chemiker Gerd Liebezeit hat diese Plastikteilchen in vier von 19 Honigsorten aus dem Supermarkt nachgewiesen, wie das ARD-Konsumentenmagazin Plusminus berichtete. Zudem haben Forscher das Mikroplastik auch in Milch und in Bier gefunden.

Medizinisch bedenklich

Die medizinischen Folgen von Mikro- und Nanoplastik für den Menschen sind so gut wie unerforscht. Vorsorglich hat der Bundesstaat Illinois vor wenigen Tagen ein Verbot für Mikroplastik ausgesprochen, wie die Fachzeitschrift "New Scientist" berichtet. Die Bundesstaaten New York, Ohio und Kalifornien folgen demnächst. Und ein US-weites Verbot ist ebenfalls bereits ins Auge gefasst.

In Europa scheint man bis jetzt nur in den Niederlanden zu einer klaren Regelung bereit. Statt Verboten hofft man eher auf ein Umdenken bei den multinationalen Firmen, die Mikroplastik-Produkte herstellen. Tatsächlich gibt es von einigen der Firmen auch entsprechende Absichtserklärungen: Unilever, The Body Shop sowie Johnson & Johnson wollen - auch auf Druck von Umweltschutzorganisationen - bis 2015 aussteigen, Procter & Gamble kündigte dies für 2017 an.

Dass ein Ausstieg relativ leicht möglich ist, zeigt eine neue Studie von deutschen Forschern des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik in Oberhausen: Wissenschafter um Sebastian Pörschke haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sie Mikropartikel aus biologisch abbaubarem Wachs herstellen können. Im Gegensatz zu Kunststoffen und Biokunststoffen sind diese Mikropartikel in Wasser relativ schnell biologisch abbaubar.

Wer Mikroplastik schon jetzt aus dem Haushalt verbannen will, kann online prüfen, welche Zahnpasta oder welches Peeling die unsauberen Teilchen enthält. Alternativen dazu gibt es schon lange: Salze, Sand oder gemahlene Nussschalen. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 1.7.2014)