Die Franzosen bauen ihre Mittelklasse großzügig um. Peugeot will in Zukunft sein Geschäft auf den 508 konzentrieren

Nach vielen Jahren des schlanken Seins legt der neue Peugeot 508 an optischer Masse zu. Leichtlebigkeit und frohe Eleganz waren früher. Jetzt in Zeiten sinkender Realeinkommen, niedrigster Sparzinsen, politischer und wirtschaftlicher Unruhen baut man dem König Kunden eine Burg. Eine letzte Festung, die nach einem satten Türzu die Welt aussperrt und mit ein bisschen Luxus und feinen Materialien die verwirrte Seele zur Ruhe streichelt.

foto: peugeot

Außen setzt der 508 kräftige Schultern an, die Motorhaube und Kofferraumdeckel nach oben stemmen und so insgesamt einen Look erzeugen, der in Richtung Audi und BMW schielt. Die steiler und massiver ausgeführte Front und das konzentriert bündige Heck, das LED-Gefunkel und die vertrauenerweckende Glattwangigkeit geben Peugeots Aufbruch zu qualitativer und technischer Brillanz sichtbaren Ausdruck.

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Unter der straff über vier Zentimeter mehr Länge gespannten Haut stecken ein Fahrwerk, das je nach Motorisierung eine Vorderachse in Doppelquerlenker- oder McPherson-Auslegung und eine Multilink-Hinterachse hat, und neue Motoren wie der 1,6-Liter-THP oder der 2,0-Liter-BlueHDi mit 6-Gang-Automatik.

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Ersterer befolgt die Euro-6 Richtlinien, bringt 165 PS auf die Waage und entlässt nur mehr 131 Gramm CO2 pro Kilometer in die frische Luft. Der Diesel zu 150 PS bringt es auf 105 Gramm und wird nur durch den HYbrid4 übertroffen, der als Powerpack von 163 Diesel-PS plus 37 elektromotorischen PS die Emission auf 85 Gramm und den Verbrauch auf 3,3 Liter je 100 km drückt. Hübscher Nebeneffekt: Der E-Antrieb an den Hinterrädern bringt einen Quasi-Allradler ins Haus.

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Innen halten Einzug: ein zentraler 7-Zoll-Touchscreen, der mit dem Knöpfchenwildwuchs aufräumt und eine im Vergleich zum Vorgänger beruhigte Armaturenlandschaft befördert. Außerdem gibt's neuerdings ein paar Schmankerl aus der Fahrassistenzküche, die heute unverzichtbar im Extramenü der meisten Hersteller zu finden sind. Der Hersteller zählt dafür den Toter-Winkel-Assistenten und die Rückfahrkamera auf, die den berührungsfreien Zugang, die automatische Handbremse, den Fernlichtassistenten, Vier-Zonen-Klimaanlage und HiFi-Anlage von JBL bereichern. Dazu kommt noch ein Head-up-Display für die Fahrt- und Navigationsinfos direkt auf einer ausklappbaren Scheibe, man kennt das schon von Peugeot.

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Natürlich hat man auch ein paar Apps gebastelt, die über das mobile Internet über freie Parkplätze in der Nähe, Kraftstoffpreise der umliegenden Tankstellen, über Verkehrslage, Wetterberichte oder feines Futter unterrichten - Guide-Michelin-getestet.

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Der neue 508 erscheint in drei Versionen, wie man das schon von der letzten Generation kennt. Als Limousine, als Kombi und als RXH, die den Kombi mit Diesel-Hybridantrieb auf ein softes Geländeauto trimmt. Alles sehr schön und sorgfältig gemacht, will man doch den Aufwind, den die Marke gerade in China erfährt, durch ein bisschen mehr von allem anfachen. Eine stringentere Modellpolitik, die von 22 Modellen nur mehr 13 weiterführt und unter anderem die Klappdach-Cabrios und den Familyvan 807 in das Land des Vergessens verbannt, versucht das 2,3-Milliarden-Leck des PSA-Konzerns vom Vorjahr gesundzuschrumpfen.


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Der neue 508 fährt als Speerspitze los. Jetzt bereits in London der internationalen Presse stillstehend präsentiert, obwohl er erst ab 18. September europaweit ausgeliefert wird. Ebenso sind den Franzosen vorerst auch keine technische Daten zu entlocken. Aber man kann ja trotzdem nie zu früh anfangen, auf den Busch zu klopfen. (Andreas Hochstöger, DER STANDARD, 27.6.2014)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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