Bild nicht mehr verfügbar.

Ilse Brandner-Radinger, Vorsitzende des ORF-Publikumsrates, wünscht sich mehr Mitsprache beim Programm. Am Herzen liegt ihr beispielsweise ein Medienjournal.

Foto: AP/Punz

Wien - Umbau des Hauptstandorts, Austragung des Eurovision Song Contests, anhaltender Spardruck: Der ORF steht vor großen Herausforderungen. Begleiten wird ihn dabei u.a. der Publikumsrat. Für dessen neue Vorsitzende, Ilse Brandner-Radinger, ist gerade die Zusammenlegung der Wiener Standorte ein zentraler Punkt: "Daran kommen wir nicht vorbei. Es darf aber nicht nur eine Kosten-Nutzen-Rechnung sein."

Brandner-Radinger, die dem Publikumsrat seit 2006 angehört und im Frühjahr als Vorsitzende die Nachfolge von Hans Preinfalk antrat, betonte die Bedeutung des Gremiums. "Der Publikumsrat kann unendlich lästig sein". Gezeigt habe man das etwa bei Themen wie Social Media, englischsprachigen Nachrichten im Radio oder der Nutzungsdauer auf der ORF-TVthek. "Man sollte das nicht unterbewerten und bei aller realistischer Einschätzung der Möglichkeiten das Licht nicht unter den Scheffel stellen."

Für Gesamtreform

Pünktlich zu den konstituierenden Sitzungen der beiden ORF-Gremien wurden auch die Rufe nach einer Reform wieder laut. So sprach sich Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) etwa für eine Verkleinerung des Stiftungsrates aus, was dieser - ohne Gesetzesänderung - selbst machen sollte. "Meiner Meinung nach müsste das in einer Gesamtreform passieren", hielt die frühere Generalsekretärin des Presseclubs Concordia dem entgegen. "Von einem Fleckerlteppich - hier ein bisschen, dort ein bisschen - halte ich gar nichts."

Eine grundsätzliche Gremienreform müsste aus ihrer Sicht neben der Verkleinerung des Stiftungsrates eine Vergrößerung des Publikumsrates beinhalten. "Zudem bedarf es einer Aufgabenteilung: Dem Publikumsrat müssten mehr Programmagenden zugebilligt werden. Pauschal gesagt: Weg vom Empfehlungsgremium, hin zum Zustimmungsgremium." Gerade in punkto Programm gebe es dafür auch "eine berechtigte Begründung", wie Brandner-Radinger betonte, "sind wir doch die Vertretung des Publikums".

Politischer Wille fehlt

Den politischen Willen, ein derartiges Vorhaben anzugehen, sieht sie aktuell aber nicht. "Ich habe nicht den Eindruck, dass seitens der Politik derzeit ein starkes Engagement für eine ORF-Reform herrscht, was die Gremien betrifft. Und ich glaube auch nicht, dass das in nächster Zeit stärker werden könnte." Trotz Kritik vieler Seiten, was die Bestellung der Räte und den politischen Einfluss diesbezüglich angeht, sei nicht alles schlecht. "Man kann immer Dinge verbessern, aber dieses extreme Bashing, das zum Teil stattfindet, hat der ORF meiner Meinung nach nicht verdient."

Angesichts des anhaltenden Spardrucks, der auch etliche andere öffentlich-rechtliche Sender in Europa treffe, müsse man sich im Klaren sein, "dass das natürlich Auswirkungen auf die Qualität hat", so Brandner-Radinger. "Dem Publikum ist es völlig egal, ob jetzt zwei oder drei Redakteure rund um die Uhr arbeiten - es will schlicht und einfach ein ordentliches Programm." Letztlich müsse man sich mit dem Blick auf die Praxis fragen, ob am richtigen Platz gespart werde. "Es ist eine Illusion zu glauben, dass man Qualität nicht finanzieren muss. Das kann nicht funktionieren."

Wünscht sich Medienjournal

Neben der anstehenden Einrichtung eines trimedialen Newsrooms werde in nächster Zeit auch der Song Contest, der 2015 in Österreich stattfinden wird, vom Publikumsrat genau beobachtet werden. "Das interessiert das Publikum wirklich, wie immer man dazu stehen mag. Ich halte nichts von der intellektuellen Arroganz, bei allem Verständnis dafür, dass der ORF einen Bildungsauftrag hat." Auch einen inhaltlichen Wunsch deponierte Brandner-Radinger: "Mir liegt die Schaffung eines qualitätsvollen Medienjournals am Herzen." Das Thema wurde im vergangenen Jahr intensiv diskutiert, sei mittlerweile aber wieder "etwas ins Hintertreffen geraten". Statt einer Realisierung für das Radio, wie derzeit vorgesehen, wäre der Publikumsratsvorsitzenden ein Fernsehmagazin "noch lieber, weil es dafür das idealere Medium wäre". (APA, 1.7.2014)