"Zu Beginn der Maidan-Proteste haben einige Mitglieder unserer Gruppe versucht, dort auch soziale Themen anzusprechen", berichten Aktivisten der Antifa-Gruppe "Borotba" ("Kampf"). Die 2011 gegründete Partei versucht, die radikale Linke abseits der unter dem gestürzten Premierminister Wiktor Janukowitsch an der Regierung beteiligten Kommunistischen Partei der Ukraine zu vereinen.

"Unsere Leute waren dort mit Gewerkschaften unterwegs und verteilten Flugblätter," erzählt eine Aktivistin, "aber dann rief der Redner auf der Hauptbühne dazu auf, den Infostand anzugreifen, mehrere unserer Mitglieder wurden zusammengeschlagen, das Zelt zerstört. Danach haben wir nicht mehr versucht, uns an den Maidan-Protesten zu beteiligen."

maidan online

Kiew, Maidan-Platz, 4. Dezember 2013

"Später haben dann die liberalen und rechten Parteien die Proteste unter ihre Kontrolle gebracht, wenn man mitmachen wollte, musste man sich deren Zielen unterordnen. Sie wollten offensichtlich eine Eskalation herbeiführen. Angesichts dieser Entwicklung haben wir dann begonnen, stattdessen Antikriegskundgebungen zu organisieren."

Bei den Präsidentenwahlen am 29. Mai erhielten die Kandidaten der rechtsextremen Parteien "Swoboda" und "Rechter Sektor" dann nur 0,7 bzw. 1,16 Prozent der Stimmen. Die Borotba-Aktivisten merken allerdings an, dass es Oleh Ljaschko, der Vorsitzende der "Radikalen Partei" und Kommandeur des paramilitärischen "Bataillon Asow", auf stolze acht Prozent brachte.

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Foto: AP/Osman Karimov

Rechtspolitiker Oleh Ljaschko

Das Freiwilligenbataillon, das im Südosten der Ukraine gegen Aufständische kämpft, besteht zum Großteil aus Mitgliedern der rechtsradikalen "Sozial-Nationalen Versammlung" die laut eigenen Angaben den Angriff auf die russische Botschaft in Kiew organisierte.

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Foto: REUTERS/Valentyn Ogirenko

Angelobung des Asow-Bataillons, 3. Juni 2014

Auch die Vaterlandspartei des Premierministers Arseni Jazenjuk habe die Rhetorik der Rechtsextremisten übernommen, um Stimmen aus dem rechtsradikalen Lager zu erhalten, erzählen die Aktivisten.

"Leider unterstützen weite Teile der Bevölkerung, aber auch die Regierung solche Gruppierungen", berichtet das Borotba-Kollektiv, "das Hauptproblem ist allerdings die Straffreiheit, die diese Gruppen in der heutigen Ukraine genießen."

So versuche die Kiewer Regierung mit allen Mitteln, die Untersuchung der tragischen Ereignisse des 2. Mai in Odessa zu verzögern und deren Ergebnisse geheim zu halten. Beim Brand des Gewerkschaftsgebäudes kamen in der Schwarzmeerstadt offiziellen Angaben zufolge 32 Menschen ums Leben.

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Foto: REUTERS/Yevgeny Volokin

Brennendes Gewerkschaftsgebäude in Odessa

"Unser Kamerad Andrey Brazhevsky, der sich mit einem Sprung aus dem Fenster in Sicherheit bringen wollte, wurde auf offener Straße erschlagen", berichten die Borotba-Aktivisten, "mehrere unserer Mitglieder erlitten Verletzungen, trotzdem schritten Polizei und Feuerwehr erst am nächsten Tag ein."

Von den Parlamentswahlen, die noch heuer abgehalten werden sollen, erwartet sich Borotba nicht allzu viel: Da mehrere linke oppositionelle Gruppen bedroht oder überhaupt verboten wurden, werden wohl die Rechtsparteien zulegen, so die Aktivisten. (Bert Eder, derStandard.at, 1.6.2014)