Die Linke sagt gern und oft, dass die Politik eh nur ein Sklave "der Wirtschaft", der Konzerne, des Kapitalismus usw. ist und sich von Konzernherren gängeln lässt. Wenn man die Ereignisse um die Neubesetzung des ÖIAG-Aufsichtsratsvorsitzes sieht, gerät man in Versuchung, zu meinen, dass die Linke (manchmal) recht hat.

Die ÖIAG ist die Holding der verbliebenen österreichischen Staatsindustrie, also im Wesentlichen der Beteiligungen an Telekom, OMV und Post (der Rest musste schon vor Jahrzehnten privatisiert werden, weil die politisierten Unternehmen pleitegingen). In der Ära Schüssel/Haider wurde der Aufsichtsrat entpolitisiert. Seither hat sich dort laut Claus Raidl (ÖVP), Nationalbankpräsident und Industrieller, eine "Insiderclique" breitgemacht. Diese Industrieherren wählten nun den Ex-Magna-Manager und jetzigen Putin-Freund Siegfried Wolf zum Aufsichtsratschef.

Obwohl die Politik (SPÖ und ÖVP) großes Bauchweh bei ihm hat. Nicht nur wegen Putin, sondern auch wegen früherer Vorgänge um Magna und die Voest. Kanzler und Vizekanzler wollten das ÖIAG-Gesetz ändern, um Wolf a) zu verhindern oder b) nach kurzer Amtszeit wieder abzuwählen. Aber sie haben es nicht zustande gebracht. Sie haben es vernudelt.

Inzwischen wählten die Industrieherren cool ihren (und Putins) Vertrauensmann zum obersten Organ der Staatsindustrie. Hat die Linke doch recht? (Hans Rauscher, DER STANDARD, 28.6.2014)