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Erneut kommen auf die Raiffeisen in Ungarn hohe Belastungen zu. Den Willen der Bank, im Land zu bleiben, dürfte dies nicht gerade steigern.

Foto: Reuters/Laszlo Balogh

Wien/Budapest - Es ist ein großes Versprechen, das der ungarische Premier Viktor Orbán seinen Landsleuten am Freitag gegeben hat: Die Zeit der Übervorteilung sei vorbei, im Bankengeschäft werde bald eine "Ära" der Fairness beginnen, sagte Orbán am Rande des EU-Gipfels in Brüssel in einem Interview.

Anlass für die Ankündigung war die Vorlage eines neuen Bankengesetzes im Parlament durch die Fidesz, mit dem die Regierungspartei ein höchstgerichtliches Urteil umsetzen möchte. Wird das Gesetz wie erwartet in der kommenden Woche beschlossen, kommen auf die Kreditinstitute in Ungarn, darunter die großen österreichischen Player Erste und Raiffeisen Bank International, hohe Belastungen zu.

Die neuen Maßnahmen betreffen wieder einmal die strittigen Fremdwährungskredite. Vor Krisenausbruch haben sich hunderttausende Ungarn in Devisen, allen voran in Schweizer Franken, verschuldet. Weil der Forint seit 2008 stark an Wert verloren hat, mussten viele Bürger einen hohen Preis für die Darlehen bezahlen. Wie in vielen Ländern Osteuropas spielte der Verbraucherschutz in Ungarn lange nur eine geringe Rolle. Deshalb sehen sich viele der Kunden von den Kreditinstituten übervorteilt und haben Klage eingebracht.

In einem dieser Zivilprozesse gegen die ungarische OTP hat das Höchstgericht vergangene Woche einen bemerkenswerten Entscheid gefällt. Die Richter haben mehrere Vertragsklauseln für illegal erklärt, die auch in tausenden anderen Verträgen Anwendung gefunden haben.

Eine dieser Klauseln betrifft das Recht der Bank, einseitig und ohne nachvollziehbare Begründung die Zinsen für die Kunden anzuheben. Die zweite Klausel dreht sich um die Art, wie die Wechselkurse berechnet wurden.

Fremdwährungskredite laufen zwar in Devisen, die Banken in Ungarn zahlten den Kredit aber in Forint aus, und auch der Kunde musste in Forint tilgen. Bei der Auszahlung des Darlehens berechneten die Kreditinstitute den zu zahlenden Forintbetrag auf Grundlage des Einkaufspreises für Franken. Bei der Tilgung wurde dem Kunden aber der Frankenverkaufspreis verrechnet. Die Differenz strichen die Institute als Gewinn ein. Da nie wirklich Forint in Franken getauscht wurden, sei die Vorgehensweise illegal, urteilte nun das Höchstgericht.

Beweislastumkehr

Damit nicht alle Bankkunden einzeln auf Rückerstattung klagen müssen, will die Regierung in Budapest mit dem eingebrachten Gesetz nun die Rückzahlung der Beträge regeln. So wird festgeschrieben, dass die Zinsdifferenz erstattet werden muss, außer die Kreditinstitute können vor einem Gericht beweisen, dass die Anhebung gerechtfertigt war.

Bankanalysten in Budapest schätzen die Kosten der Aktion für die Kreditinstitute auf bis zu 1,6 Milliarden Euro ein. "Ein realistischer Wert, denn für die Banken wird es wegen der Beweislastumkehr enorm schwer werden, sich vor Gericht zu wehren", meint auch ein Bankenexperte in Budapest, der in der Causa auf Anonymität besteht.

Die betroffene RBI und die Erste zeigen sich vorsichtig: Eine konkrete Kostenabschätzung könne man noch nicht abgeben, heißt es bei beiden Instituten, "die Berechnungen laufen".

In Ungarn sind derzeit noch Fremdwährungskredite in Höhe von umgerechnet zwölf Milliarden Euro ausständig. Mehr als ein Fünftel dieser Darlehen sind Non Performing Loans, das heißt, dass die Schuldner seit über 90 Tagen mit ihren Raten in Verzug sind. Die Regierung verspricht den überforderten Schuldnern schon lange Abhilfe.

Die RBI und die Erste haben in Ungarn in den vergangenen Jahren hohe Verluste gemacht, die RBI hat sogar einen Verkauf der Ungarntochter geprüft. (András Szigetvari, DER STANDARD, 28.6.2014)