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Siegfried Wolf bei seiner ersten Pressekonferenz als ÖIAG-Präsident

Foto: APA/Punz

Nach seinen Qualifikationen als oberster Aufseher der staatsnahen Industrien in Österreich gefragt, führt der frischgewählte ÖIAG-Aufsichtsratspräsident Siegfried Wolf vor allem seine Parteiunabhängigkeit an. Er werde politische Einflussnahme aus der ÖIAG heraushalten, verspricht er.

Für einen Top-Manager in der Privatindustrie ist eine gewisse Distanz zur Politik sicher eine Tugend - eine, die einige in Österreich vermissen lassen. Im Steuerungsgremium einer Staatsholding sind gute politische Kontakte und eine Rückendeckung durch die Regierungsparteien allerdings entscheidend. Und davon hat Wolf viel zu wenig.

SPÖ und ÖVP blockieren einander

Der Stronach- und Putin-Vertraute ist nur deshalb an die Spitze der ÖIAG aufgerückt, weil sich ÖVP und SPÖ nicht auf ein neues Gesetz zur Bestellung des Aufsichtsrates einigen konnten. Deshalb bleibt  der von Schwarz-Blau geschaffene Mechanismus in Kraft, wonach die Aufsichtsräte ihre Nachfolger selbst wählen.

Das sollte nach dem einstigen Willen von Wolfgang Schüssel und Karlheinz Grasser Unabhängigkeit schaffen. Stattdessen hat es die ÖIAG ins Abseits geführt.

Schon unter dem ersten so gekürten Aufsichtsratschef Alfred Heinzel bestimmte das Finanzministerium den Privatisierungskurs. Sein Nachfolger Peter Mitterbauer hatte noch weniger mitzureden. Denn bald nach seinem Antritt 2006 kehrte die SPÖ-ÖVP-Koalition zurück.

Unter ihr wurde die ÖIAG zu einem politischen Fremdkörper, der in einer Art Paralleluniversum dahin werkt, ohne auf wichtige Entscheidungen wirklich Einfluss nehmen zu können. Die "Insider-Clique" (Claus Raidl) im Aufsichtsrat ist ein Ärgernis, aber so mächtig, wie Kritiker meinen, ist sie nicht.

Zuschauen bei AUA und Telekom

Bei der AUA war es die Regierung, die einen rechtzeitigen Verkauf verschleppte und so die Fluglinie in die Arme der Lufthansa trieb. Bei der Telekom und ihrer neuen Partnerschaft mit Carlos Slim war der Investor Ronny Pecik die treibende Kraft.

ÖIAG-Vorstände und ihre Aufsichtsräte waren meist Zuschauer, die in wichtigen Augenblicken sogar zu spät kamen - siehe die peinliche Aufsichtsratssitzung zum Syndikatsvertrag der Telekom mit America Movil.

Unter Wolf wird sich das wohl noch verschlimmern. Die SPÖ misstraut ihm offen, und in der ÖVP hat er auch wenige Freunde. Das Patt zwischen den beiden Parteien über die Zukunft der Verstaatlichten, das eine pro-aktive Industriepolitik verhindert, wird er nicht brechen können.

Und in das oft missglückte Management der ÖIAG-Unternehmen, zuletzt zu beobachten bei der Telekom, kann der ÖIAG-Aufsichtsratsschef ohnehin kaum eingreifen. Das ist die Aufgabe des Vorstandsvorsitzenden Rudolf Kemler.

Putin-Nähe ist keine Gefahr

Im Falle Wolfs ist das wahrscheinlich ein Glück. Seine Putin-Nähe - im Ö1-Mittagsjournal findet er nur lobende Worte für den russischen Präsidenten - wäre sonst ein echter Interessenkonflikt für das Land. Sein öffentliches Auftreten ist, nach dem ersten Interview in der ZiB2 zu schließen, verbesserungswürdig. Wolf ist der falsche Mann für den Job, aber der Schaden sollte sich in Grenzen halten.

Spätestens in zwei Jahren ist seine Amtszeit vorbei. Und wenn sich die Regierung bis dahin nicht auf eine ÖIAG-Reform einigt, wird auch sein Nachfolger nur wenig gestalten können. (Eric Frey, derStandard.at, 28.6.2014)