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Beim Trikottausch kommen Sammler ins Schwärmen. Vielleicht ergattern sie ja mal eines davon. Es muss ja nicht gleich so viel kosten... 

Foto: dapd/lang

...wie das Weltmeistershirt 1970 des brasilianischen Fußballstars Pelé.

Foto: Christie's

Wien - STANDARD-Journalisten werden von der Chefredaktion angehalten, Anglizismen in ihren Beiträgen zu vermeiden und englische (und andere fremdsprachige) Begriffe den Lesern möglichst zu übersetzen oder zu erläutern. In dieser Geschichte geht es um Matchworn-Trikots. Ein kurzer Blick ins Englisch-Wörterbuch klärt auf: "Match" heißt Spiel und "worn" ist das Partizip Perfekt des Verbs "wear", tragen, und bedeutet somit getragen. So weit, so klar, oder? Doch ob im Sport oder bei anderen Auseinandersetzungen: Letztendlich zählt nur eins - dass es ein guates Match worn is.

Matchworn-Trikots sind also per Definition von Profisportlern original getragene Leiberln. Da kaum ein anderer Sport die Welt so regiert wie Fußball (und das nicht nur zu WM-Zeiten), geht es in den folgenden 140 Zeilen um das Sammeln von Oberteilen, die schon einmal am kraftstrotzenden Körper eines Kickers klebten. Ihr Besitz kann einen Fußballfan zwar mitunter reich machen, doch was eigentlich viel mehr zählt: wahnsinnig glücklich.

Dafür wird von Sammlern gar manches in Kauf genommen. Zum Beispiel strenge Gerüche. Denn nur lahme Erpel oder Enten auf dem Spielfeld verströmen ihn nicht, den Schweiß der Torjäger unter den eng anliegenden Trikots. Von süß-sauer bis stechend-beißend. Garniert mit grasgrünen, blutbraunen Flecken und schillernden Nasenschleimschlieren.

Gute Kontakte

Was für viele Leiberlfans das Nonplusultra ist und als Beweis dafür gilt, dass das Trikot ein tatsächlich getragenes Stück ihres Fußballeridols ist, ist nicht jedes Sammlers Sache. Bei Thomas Mangelberger werden alle textilen Trophäen, die er ergattern kann, gewaschen. "Sonst werde ich von meiner Frau rausgeschmissen", sagt er im Standard-Gespräch mit einem herzhaften Lachen. Bereits 220 Trikots umfasst die Beute des in der Kfz-Branche tätigen 37-jährigen Salzburgers.

An 99 Prozent der Shirts sei er durch Zufall oder eigene Kontakte gelangt, erzählt er. Mangelbergers Kollektion reicht von Spielertrikots der Austria Salzburg über die österreichische Nationalmannschaft bis hin zum französischen Nationalspieler Zinédine Zidane. Wie für viele seiner Sammlerkollegen ist für Mangelberger der Verkauf eines Stückes ein "No go" - wie ein Handspiel beim Fußball. Der wirklich passionierte Trikotkollektor tauscht maximal ein Exemplar, das er doppelt hat. Denn schließlich geht "es um den ideellen Wert", betont Mangelbergers inbrünstig.

Umso weniger Verständnis hat der Vater zweier Kinder für den Kommerz, den materieller gesonnene Zeitgenossen mit den Trikots betreiben. So tauchten regelmäßig wenige Tage nach dem ÖFB-Weihnachtsbasar im Internet dort erstandene Leiberln mit wesentlich höheren Preisen auf.

Chance auf Preisanstieg

Doch noch mehr als Fußball regiert Geld die Welt. Und die Vorstellung, ein günstig oder gar gratis erworbenes Leiberl zu vergolden, kann reizvoll sein. Zumal einige der getragenen Dressen schon atemberaubende Preise erzielt haben.

Der offizielle Meistertitel gebührt einem Trikot des früheren brasilianischen Fußballstars Edson Arantes do Nascimento, besser bekannt als Pelé. Ein von dem Weltfußballer des 20. Jahrhunderts im Finale der WM 1970 gegen Italien getragenes Hemd wechselte 2002 in einer Auktion von Christie's für rund 175.000 Euro den Besitzer.

Ein ansehnliches Sümmchen erhielt auch der englische Kicker Geoff Hurst für sein Shirt mit der Nummer 10, in dem er im legendären WM-Endspiel 1966 gegen Deutschland den Sieg erspielte (Adepten wissen um sein "Wembley-Tor"). Der 1998 von der Queen Geadelte verkaufte es 2000 bei einer Auktion für etwa 80.000 Euro an einen privaten Sammler, der es anschließend an einen anderen Fan verschacherte. 2008 wurde das Trikot von einer Investorengruppe für eine nicht genannte Summe gekauft. Im Jahr 2000 tauchte es im Londoner Luxuskaufhaus Harrods wieder auf, ausgestellt in einer Vitrine - für rund 2,9 Mio. Euro. Ob es einen Käufer fand, ist nicht überliefert.

Auf Merkmale achten

Für aktuell getragene Spielerwäsche können Preise zwischen 100 und 1000 Euro erzielt werden. Sammler Mangelberger weist auf verschiedene Merkmale hin, mit denen sich diese von herkömmlichen Fanshop-Trikots unterscheiden lassen - wie die Größe der Spielernummer (25,5 cm), wesentlich dünneres Material oder gummierte Aufnäher der Sponsoren und Mannschaftswappen. In der Regel günstiger zu haben sind Stücke, die für ein Match vorbereitet, dann aber doch nicht getragen wurden.

Wer sich für hochpreisigere, historische Trikots interessiert, muss sich oft auf weniger wasserdichte Beweisketten verlassen. Bei Versteigerungen im Internet über Portale wie Ebay sollten Käufer aber möglichst viele Beweise einfordern.  (Karin Tzschentke, DER STANDARD, 27.6.2014)