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Die wissenschaftliche Untersuchung wurde europaweit an mehr als 75 HIV-Therapiezentren durchgeführt.

Eine möglichst starke Unterdrückung der Aids-Virusbelastung bei Infizierten eliminiert das Übertragungsrisiko durch ungeschützten Sex mit hoher Wahrscheinlichkeit. Das hat eine europäische "Partner-Studie" ergeben, an der auch Betroffene aus Österreich teilgenommen haben. Zentren in Wien, Innsbruck und Linz waren beteiligt.

"Wichtige Studie"

"Das ist eine extrem wichtige Studie. Es ist die dritte Untersuchung, die dieses Ergebnis gebracht hat. Damit ist die Beweiskraft hoch, dass die Unterdrückung der Viruslast bei HIV-Patienten auch deren Sexualpartner schützt", sagt Armin Rieger, seit vielen Jahren Aids-Spezialist an der Universitätsklinik für Dermatologie der MedUni Wien. Den vorliegenden Daten sei dies unabhängig davon, ob die Betroffenen heterosexuell oder homosexuell orientiert sind.

Die aktuelle Studienauswertung selbst ist bereits im März bei einem großen US-Kongress in Boston präsentiert worden. Beim 12. Deutschen Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (KIT 2014; 25. bis 28. Juni in Köln) werden die Daten in Europa vorgestellt. Insgesamt wurden in die Untersuchung 1.145 "serodiskordante Paare" eingeschlossen. Das bedeutet, dass je ein Partner war HIV-positiv und einer HIV-negativ war.

Die wissenschaftliche Untersuchung wurde europaweit an mehr als 75 HIV-Therapiezentren durchgeführt. In Österreich waren dabei Behandlungszentren in Wien, in Innsbruck sowie ein Zentrum in Linz beteiligt. Insgesamt waren 47 österreichische Paare in die Studie aufgenommen worden."

Unterdrückung möglich

Startpunkt der Aufnahme der Untersuchung eines HIV-diskordanten Paares war der Labornachweis, dass der HIV-positive Partner durch die Einnahme der retroviralen Therapie zumindest weniger als 200 HI-Viruskopien pro Milliliter Blut aufwies. Mit einer effektiven Behandlung gelingt heute eine Unterdrückung bis unter die Nachweisgrenze. "Sie liegt mit unseren Tests bei nur noch 20 Viruskopien pro Milliliter", sagt Rieger.

Die Forscher untersuchten und befragten insgesamt 458 homosexuelle und 687 heterosexuelle Paare. Dabei wurde regelmäßig der HIV-Status getestet. Gleichzeitig wurden HIV-positiver und HIV-negativer Partner befragt. Das ging bis zu der detaillierten Angabe der Sexualpraktiken. "Bei den homosexuellen Paaren lag die mittlere Beobachtungsdauer bei 1,1 Jahren, bei den heterosexuellen bei 1,5 Jahren", so Rieger.

Das Hauptergebnis: Bei durchschnittlich einem ungeschützten Geschlechtsverkehr pro Woche und Paar wurde das HI-Virus nicht zwischen den ständigen Partnern übertragen. Die Ergebnisse sind laut Rieger jedoch wegen der geringeren Zahl der homosexuellen Paare bei diesen statistisch weniger stark abgesichert. Nicht zuletzt deshalb laufe die unabhängige Studie noch weiter.

Restrisiko bleibt

Keinesfalls, so der Experte, könne man aber sozusagen für immer und ewig ausschließen, dass sich nicht doch jemand in solchen HIV-diskordanten Partnerschaften bei ungeschütztem Sex infiziere. Auf der anderen Seite steckten sich einige Teilnehmer an der Studie mit HIV an, jedoch über weitere Sexualpartner außerhalb der festen Partnerschaften.

"Über die Analyse der genetischen Struktur der Viren konnten wir eine Infektion über den festen Partner ausschließen", erklärte bereits Anfang Juni Jan van Lunzen, Kongresspräsident des KIT und Leiter der deutschen Studiengruppe der Untersuchung. Ein kleines statistisches Rest-Infektionsrisiko bleibt, betonte van Lunzen. Es ist außerdem bei Analverkehr größer als für andere Formen des Geschlechtsverkehrs. Die Forscher erfassten mehr Fälle von Vaginalsex als von Analsex, deshalb sind Aussagen zum Analverkehr bisher nicht so genau wie die zum Vaginalverkehr.

Keinesfalls wollen die Wissenschafter zu ungeschütztem Sexualverkehr auffordern. In erster Linie gehe es darum, das Ansteckungsrisiko deutlich zu senken – die Studie zeigt erneut, dass dies gelingen kann. Die erste Untersuchung mit einem solchen Ergebnis war im Sommer 2010 während der Welt-Aids-Konferenz in Wien vorgestellt worden. (APA, derStandard.at, 26.6.2014)