Wien - Print stehe vor dem Ende als "große Samstagabend-Show": Der deutsche Medienwissenschafter Thomas Breyer-Mayländer nutzte das Auslaufen des TV-Unterhaltungsurgesteins "Wetten, dass..?" als Sinnbild für eine Branche, die sich neu aufstellen und ihren Nutzen hinterfragen müsse. Bei der Generalversammlung des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ) votierte er für "mehr Experimentierfreude".

"In den 80er und 90er Jahren waren die Zeitungsverleger Platzhirsche. Nun ist es aber schwieriger geworden: Einerseits gibt es mehr Wettbewerb untereinander, andererseits neue Konkurrenten mit neuen Waffen", spielte der Professor für Medienmanagement an der Hochschule Offenburg am Donnerstag in Wien auf Unternehmen wie Google oder Facebook an. Dennoch bleibe aus seiner Sicht der professionelle Journalismus "die Kernkompetenz", der zwar mit Publikumserwartungen zu tun habe, aber nicht "pure Anbiederung" sein dürfe.

Entbündelung der Inhalte

Gerade für redaktionelle Online-Inhalte gelte es künftig, verstärkt den jeweiligen Kontext mitzudenken. "Haben Sie beispielsweise eine eigene Online-Ausgabe für den Feierabend?", fragte Breyer-Mayländer das Auditorium. "Dieser Teil der redaktionellen Aufgabe wird an Bedeutung gewinnen." Je nachdem, wo und wann Inhalte konsumiert werden, müsse man den Kunden ein Angebot stellen. "Wir sollten einen Blick dafür haben, was sich bei unseren Zielgruppen ändert." Zudem sollte man aufhören, rein soziodemografisch zu denken, schließlich wären auch Prince Charles und Ozzy Osbourne "nicht identisch".

Ein möglicher Lösungsweg ist aus der Sicht von Breyer-Mayländer die Entbündelung der Inhalte. Gerade hinsichtlich Paid-Content dürfe man den Nutzern keine zu großen Pakete aufbürden. "Bezahlen sie für etwas, das sie nicht komplett nutzen können, macht das die Leute unzufrieden." Die Zeitung könne aber nach wie vor als Anker die Bindung zum Konsumenten herstellen, die es dann über verschiedene Plattformen zu nutzen gelte.

Unabhängige Presse als Voraussetzung für Demokratie

Zum Abschluss des Vortragsteils der Generalversammlung gab Ivar Rusdal, Präsident des europäischen Zeitungsverlegerverbands ENPA, "Rückmeldungen von der Lobbyingfront in Brüssel". Zwar sollte man grundsätzlich keine Angst haben, allerdings gebe es einige Entwicklungen, die "zu befürchten sind". Der Wille der Politik, regulativ in die Medienlandschaft einzugreifen, habe in jüngster Zeit zugenommen - wobei Länder wie Ungarn oder Bulgarien nur die Spitze des Eisbergs bilden würden.

Eine unabhängige Presse sei nach wie vor eine wesentliche Voraussetzung für die Demokratie. "Und diese Aufgabe müssen wir weiterhin wahrnehmen", betonte Rusdal. Auf EU-Ebene seien besonders die Themen Urheberrecht sowie die Forderung nach steuerlicher Gleichbehandlung von traditionellen und digitalen Medienprodukten von Bedeutung für den ENPA und ihre Mitglieder. "Es gibt keine Notwendigkeit, dass die EU regulierend auf Medien einwirkt oder unser Kerngeschäft untergräbt, indem der Wert unserer Inhalte geschwächt wird." (APA, 26.06.2014)