Die Nachricht kam schon überraschend: Die EU hat im vergangenen Jahr die USA als größter Exporteur von landwirtschaftlichen Produkten überholt. Das lag vor allem an der Dürre in weiten Teilen Nordamerikas, die die Ernte schrumpfen ließ. Aber schon in den Jahren davor hatte die EU gegenüber der Agrar-Supermacht immer weiter aufgeholt.
Die gute Nachricht: Anders als früher kommt dieser Erfolg nicht durch hohe Exportförderungen zustande, mit denen die EU seit den frühen 1980er-Jahren die Weltmärkte verzerrte.
Diese Art der Subventionen wurde in den vergangenen Jahren stark abgebaut und soll nach den Plänen von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos überhaupt abgeschafft werden. Sie waren Gift für den Welthandel und schadeten Entwicklungsländern immens.
Höchst produktive Landwirtschaft
Europas Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie ist tatsächlich höchst wettbewerbsfähig: effizient, produktiv und von hoher Qualität. Besonders Milchprodukte aus Europa werden in den Schwellenländern stark nachgefragt, aber auch Getreide und Fleisch.
Allerdings ist dieser Exporterfolg nur möglich, weil Europas Bauern insgesamt so hoch gefördert werden - mit 58 Milliarden Euro im Jahr aus dem EU-Budget. Sie erhalten heute vor allem Direktsubventionen, die sie wieder in ihre Betriebe, in Ausrüstung und Zutaten, investieren können.
Ohne diese Gelder gäbe es heute viel weniger Landwirte in der EU, würden ganze Landstriche veröden. Das klingt wie eine Erfolgsgeschichte.
58 Milliarden Euro Agrarbeihilfen
Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn die 58 Milliarden Euro an Agrarbeihilfen könnten auch anders verwendet werden - etwa zur Förderung von Bildung, Forschung und Technologie,
Europa hätte dann weniger Agrarexporte, dafür aber eine stärkere Stellung in Technologiebranchen - Mikrochips statt Kartoffelchips. Und das brächte eine höhere Wertschöpfung, mehr Arbeitsplätze für die Jugend und bessere Zukunftsaussichten für die gesamte europäische Wirtschaft.
Es läuft etwas schief, wenn der am dichtesten besiedelte Kontinent mit hohen Lohnkosten und schwierigen klimatischen Bedingungen gerade in der Landwirtschaft, dem ältesten Wirtschaftszweig der Welt, einen komparativen Vorteil vorweisen kann.
Bauern sind die stärkste Lobby
Und das tut es auch: Es ist eine massive politische Verzerrung, die die EU-Landwirtschaft so stark macht - die Lobbymacht seiner Bauern, die jene fast aller anderen Branchen übertrifft.
Und auch wenn es heute keine Exportförderungen mehr gibt, betreibt die EU durch ihre Agrarpolitik eine Form von unfairem Wettbewerb durch Dumping. Darunter leiden weiterhin die Entwicklungsländer, denen europäische Bauern die Marktchancen rauben.
Europas Lebensmittel-Exporterfolg ist daher ein Zeichen eines gewaltigen Scheitern - einer fehlgeleiteten Förderpolitik, die viel zur tiefen Wirtschaftskrise des Kontinents beiträgt. (Eric Frey, derStandard.at, 25.6.2014)