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Warschau, 25. Mai 2014: Janus Korwin-Mikke erfährt das Ergebnis der EU-Wahl.

Foto: EPA/PAWEL SUPERNAK

Auf ein gepflegtes Äußeres legt Janusz Korwin-Mikke großen Wert: Eine elegante Fliege, ein blütenweißes Hemd und einen Maßanzug trägt er sogar, wenn er zu Wahlkampfzeiten auf einem Elefanten durch Warschau reitet. Viermal schon ist der Exzentriker zu den polnischen Präsidentenwahlen angetreten. Kein einziges Mal hat er auch nur ein Achtungsergebnis erreicht. Und auch die Parlamentswahlen hat er bis auf die allerersten 1989 immer verloren. Nun endlich - mit 72 Jahren - hat er es geschafft: Mit vier Mann ist sein Kongress der Neuen Rechten (KNP) ins Europaparlament eingezogen. Die Betonung liegt durchaus auf "Mann", denn Korwin-Mikke würde den Frauen gerne das Wahlrecht entziehen.

Sein Kalkül, mit möglichst provokanten Thesen zum Politclown im Fernsehen aufzusteigen, ging auf. In Talkshows beleidigte er, wen er nur konnte, lobte Putin für die Besetzung der Krim, erklärte Frauen als grundsätzlich dümmer als Männer, wünschte behinderte Kinder in Sonderschulen zurück, da sich gesunde Kinder am "Krüppelsein" anstecken könnten. Die EU will er als "heutige Form des Kommunismus" von innen heraus vernichten. Selbst dem Front National und der FPÖ ist er zu radikal - ein Grund, weshalb die geplante Rechtsfraktion im EU-Parlament nicht zustande kommt.

Bei all diesem Unsinn wirkte er immer wie ein aus dem Ei gepellter Gentleman. Insbesondere TV-Moderatorinnen luden ihn immer wieder in ihre Sendungen ein, um sich mit ihm zu streiten. Doch der studierte Philosoph, fünffache Vater und Herausgeber mehrerer Zeitungen, der von sich selbst "Ich bin ein Spieler" sagt, lachte sie nur aus. Charmant flirtend, erklärte er beispielsweise, dass es Vergewaltigung in der Ehe eigentlich nicht gebe, da Frauen doch grundsätzlich vorgäben, keine Lust zu haben, in Wirklichkeit aber nur verführt werden wollten.

Zwar lösten seine antisemitischen Äußerungen immer wieder Empörung aus, begeisterten aber auch politikferne und rechtsradikale Jugendliche, die "keinen Bock" auf das etablierte Parteiensystem, auf Political Correctness und Marktwirtschaft hatten.

Der elegante Gentleman ist so zum personifizierten "Stinkefinger" für die "gelangweilte Jugend aus der Mittelklasse" (der Politologe Aleksander Smolar) geworden, die sich für einen 72-Jährigen entscheidet, um ihren Protest kundzutun, ein Armutszeugnis für die jungen Politiker des Landes, meint Smolar. (Gabriele Lesser, DER STANDARD, 25.6.2014)