Der Schimmelpilz Trichoderma reesei mach aus Stroh einen kalorienfreien Süßstoff.

Foto: TU Wien

Wien - Der natürliche Süßstoff Erythritol, auch Erythrit genannt, ist kalorienfrei, zahnfreundlich, wirkt nicht auf den Blutzuckerspiegel und auch nicht abführend. Seine Süßkraft liegt bei 70 bis 80 Prozent von jener von gewöhnlichem Zucker und ist in Asien bereits sehr beliebt. Auch in Europa gewinnt er an Bedeutung, die weltweite Produktion liegt derzeit bei 23.000 Tonnen im Jahr. Einen Haken hat Erythritol allerdings: Er lässt sich nur unter hohem technischen Aufwand herstellen. Wissenschafter der Technischen Universität (TU) Wien haben nun einen Schimmelpilz genetisch so verändert, dass dieser kostengünstig den kalorienfreien Süßstoff Erythritol aus Stroh erzeugt.

Die Herstellung von Erythritol war bisher kompliziert: Die Zellwände von fein zerhäckseltem Stroh mussten zunächst mit Hilfe von Lösungsmitteln aufgebrochen und Lignin herausgelöst werden. "Normalerweise muss man das Stroh dann mit teuren Enzymen fertig aufschließen und in Zucker zerlegen", erklärte Robert Mach vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften der TU Wien. Aus einer hoch konzentrierten Zuckerlösung, die mithilfe von Enzymen auch aus Stärke gewonnen werden kann, stellten dann spezielle Hefestämme - wenn man sie unter spezielle Stressbedingungen setzt - das Erythritol her.

Die für diesen Prozess verwendeten Enzyme werden mit Hilfe des Schimmelpilzes Trichoderma reesei gewonnen, der auch im neuen Herstellungsverfahren die Hauptrolle spielt. "Wir wussten, dass der Pilz grundsätzlich in der Lage ist, Erythritol zu produzieren, allerdings normalerweise nur in winzigen Mengen", so Mach.

Ohne Zwischenschritt zum Süßstoff

Die Wissenschafter haben den Pilz nun genetisch so verändert, dass man ihn direkt auf das voraufgeschlossene Stroh aufbringen kann. Zudem erzeugt der Pilz nun direkt aus dem Stroh das gewünschte Erythritol, auf den Zwischenschritt über die Produktion von Zuckerlösung kann ebenso verzichtet werden wie auf die Verwendung von Hefe.

Die TU-Forscher haben das neue Verfahren nicht nur im Fachjournal "AMB Express" veröffentlicht, sondern die neue Herstellungsmethode auch patentiert. Die auf die Verwertung von Stroh spezialisierte Grazer Firma Annikki GmbH hat das Patent bereits aufgegriffen. Mit dem Unternehmen wollen die Wissenschafter das Verfahren für den großindustriellen Einsatz vorbereiten. (APA/red, derStandard.at, 29.06.2014)