Natürlich habe ich das Ding auch selbst getestet. Nur: Dem, was Christoph da schon vorher zusammengefasst hat, kann ich nichts hinzufügen. Ich hatte Christoph die Tomtom Multi Sport Cardio, die erste Sportuhr des bisher auf Navis spezialisierten Herstellers, kurz überlassen. "Sag mir halt ein paar Stichworte." Christoph schickte einen fixfertigen Text (siehe unten).

Ich habe mir das Teil dann auch umgeschnallt. Und bin ein bisserl Radfahren gegangen. Als Referenz-Uhr kam Garmins Fenix 2 auf den Lenker. Mein Fazit war ident mit dem von Christoph: Die brustgurtlose Pulsuhr ist das, was Oliver Koci, Österreich-Vertriebler von Tomtom, angekündigt hatte: ein solides, verlässliches und einfach zu bedienendes Gerät. Eine Uhr, die weniger auf "sophisticated" und technikverliebte User schielt als auf den Normalo-Anwender. "Ein Einsteiger- und Breitensportlermodell", hatte Koci gesagt: "Dort ist der größte Markt."

Nur in einem Punkt staunte ich: Nach 84 Kilometern am Rad zeigte die Fenix rund 1.700 verbrannte Kalorien an - Tomtom errechnete dagegen einen absolut grotesken, fast doppelt so hohen Wert: 3.300. Bei Christophs Lauf waren die Kalorienwerte der von ihm verwendeten Uhren (er trackte parallel mit der Polar RXC5) aber nahezu deckungsgleich.

Thomas Rottenberg

Tomtom hat schon bisher Sportuhren gebaut: Nikes Laufuhren. Mit der ersten eigenen Kreation habe das nichts zu tun, heißt es. Drei Jahre hätten 70 Techniker getüftelt, um über Leuchtdioden und einen Spiegel an der Uhrunterseite den Blutdurchfluss am Handgelenk zu messen (weiter ins Detail geht man da auch auf mehrfaches Nachbohren nicht). Koci: "Wir haben Ergebnisse mit 99-prozentiger Genauigkeit." Das entspreche, "obwohl man das so nicht offiziell sagen darf, wenn das Produkt nicht als medizinisches Tool zertifiziert ist, de facto EKG-Genauigkeit".

Thomas Rottenberg

Dennoch warnte der Marketingmann vor überzogenen Erwartungen: Für Tech- und Werte-Freaks seien Tomtom Multisport und Tomtom Cardio nicht gemacht. „Wir arbeiten an einer Erweiterung der Produktpalette, sind aber ganz bewusst mit einem Modell, das sich auf die Basisfunktionen Puls, Pace, & Tracking konzentriert, gestartet.“

Eben weil der Normalo-Anwender im Fokus steht.  Respektive die Normalo-Anwenderin: Die Tomtoms sind, so Koci, eher „Frauenuhren“. Das habe aber nicht das Geringste mit „Frauen-und-Technik“-Idiotenansagen zu tun, sondern mit Anatomie: Viele Frauen empfänden - bestätigten mir auch Lauffreundinnen - Pulsgurte als unangenehm. Störend. Scheuernd. Egal ob unterhalb des oder unter dem Sport-BH.

Thomas Rottenberg

„Beim Frauenlauf hätten sie uns am liebsten ausgeraubt“, lachte Koci. Und bei einigen (deutschen) Onlineshops lägen die Verkäufe über jenen von Polar und Garmin zusammen. Als ich die Tomtom beim After-Run-Brunch herumgehen ließ, bestätigten die ad-hoc-Reaktionen, was Koci gesagt hatte: Von „endlich ein Ding, bei dem ich auf Dienstreisen nur noch ein Trum vergessen kann“ über „das ist so einfach, das kapiert sogar mein Goldfisch“ bis zum „Ich frag mich seit Jahren, wann sowas endlich kommt“ plus „bin gespannt, was Polar & Garmin jetzt mal dagegen sagen - und dann trotzdem nachziehen“, bis zu Kritik: Das Fehlen von (im Grunde meist eh unnötigen) High-End-Features wurde moniert, aber als „verständlich, dass da zunächst auf die Kernfunktion und erst danach auf die fehleranfällige Spielereien gesetzt wird“ akzeptiert. Schwerwiegender wog ein anderes Argument: „Zielgruppe Frauen? Dann müssen die sich was mit dem Armband überlegen: Die Uhr soll halbwegs fest sitzen. Aber ich knall sie am letzten Loch zu - und eng ist anders.

Thomas Rottenberg

Gespannt auf Christophs Erfahrungen waren wir aber alle. Deshalb übergebe ich hiermit an ihn. Seine Referenzuhr im Test war - wie schon gesagt - die Polar RCX5.

Christophs Test:

Seit Jahren (oder sind es schon Jahrzehnte?) begleitet oder vielmehr leitet mich ein TomTom-Navi im Auto durch den Straßenverkehr. Nie hätte ich gedacht, dass ich mir eine Sportuhr aus demselben Haus einmal ans Handgelenk schnallen würde. Bin ich doch seit jeher ein Polar-Jünger, der bisher nie „fremdgegangen“ ist.

Thomas Rottenberg

Also gut. Das erste Auspacken. Erster Eindruck: schaut gut aus (als Polarbesitzer sind die Ansprüche hinsichtlich Uhrendesign nicht allzu hoch angesiedelt). Umschnallen. Passt. Intuitives Menü mit – und das ist wirklich praktisch – einem leichten Vibrieren, statt des nervigen Piepsens. Als „Stöpsel-in-den-Ohren-Läufer“ habe ich das Piepsen der Uhr sowieso nie gehört. Nun also ein leichtes Vibrieren, wenn man den eingestellten Zielbereich verlässt oder ein Zeitlimit erreicht. Gute Sache. Da hat jemand mitgedacht.

Mitgedacht wurde scheinbar auch bei der Einstellungsmöglichkeit der eigenen Puls- beziehungsweise Trainingsbereiche. Ein einfaches Rauf- oder Runterschieben lässt einen auf der Website schnell und einfach die persönlichen Bereiche definieren. Dass diese dann allerdings nicht frei zu benennen sind, sondern voreingestellt „Easy“, „Speck abbrennen (sic!)“, „Endure“, „Tempo“ und „Sprint“ heißen, ist mehr als gewöhnungsbedürftig. Hat man sich im Laufe(n) der Jahre doch irgendwie an A1, A2, A3, A4 gewöhnt.

Thomas Rottenberg

Großer Vorteil der TomTom: es gibt keinen Brustgurt mehr. Auch das lästige Umschnallen des GPS-Sensors entfällt. Einfach nur die Uhr aufs Handgelenk und fertig. Die Herzfrequenz wurde bei allen Testläufen sofort erkannt.

Die Polar mit all ihren Einzelteilen kommt dagegen daher wie eine aufgemotzte Mittelklasselimousine. Aber man hat sie liebgewonnen und sie hat beste Dienste geleistet. Und um das Ergebnis gleich vorweg zu nehmen: Sie muss den Vergleich mit der jungen, knackigen TomTom nicht scheuen.

Thomas Rottenberg

Also beide umgeschnallt + Brustgurt + GPS-Sensor. Ab auf die Hausstrecke. Beide Uhren finden das GPS-Signal im verbauten Gebiet in unter 20 Sekunden. Die TomTom ist gefühlte drei Sekunden schneller. Dann los. Modus bei beiden Uhren: freies Training beziehungsweise keine Voreinstellungen. Auf den ersten Blick: die Herzfrequenz wird auf beiden Uhren immer gleich angezeigt. Was auch die Auswertung bestätigt: 142 BPM im Schnitt, bei beiden Uhren.

Bei der Durchschnitts-Pace sind sich beide Uhren etwas uneinig: TomTom zeigt 5:44 min/km an, Polar hat 5:39 min/km gemessen. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen und ist für mein Trainings- und Leistungslevel komplett irrelevant.

Thomas Rottenberg

Das Display der Polar hat vier Zeilen, die alle gut lesbar sind (man ist halt auch schon konditioniert, genau dorthin auf das Display zu schauen, wo die zu erwartende Information steht). Die TomTom hat eine große Anzeige in der Mitte, die auch während des Laufs geändert werden kann. Ich hatte hier die Pulsanzeige. Oben rechts und links gibt es klein die Möglichkeit sich z.B. (wie in meinem Fall) Pace und Zeit anzeigen zu lassen. Die große Anzeige kann man während des Laufs umstellen, die beiden kleinen oben nur in einer Pause.

Thomas Rottenberg

Die Möglichkeit zwischendurch durch Drücken einer Taste eine neue Runde (Lap) zu beginnen, hat nur die Polar. Bei der TomTom hätte ich gleich im Modus „Laufen – Runden – Manuell“ beginnen müssen. Starte ich in diesem Modus, kann ich durch Drücken des Touch-Bildschirms eine neue Runde beginnen. Dieser Bildschirm ist jedoch so empfindlich, dass schon beim versehentlichen In-die-Nähe-Kommen mitunter eine neue Runde „ausgelöst“ wird. Und großes Manko: in der Auswertung auf der TomTom-Website werden die Runden nicht angezeigt. Man sieht zwar kleine Punkte auf der Google-Karte des Laufes; Zahlen, Daten, Fakten für die einzelnen Laps fehlen komplett.

Thomas Rottenberg

Womit wir schon bei der Auswertung sind: hier merkt man, welche der beiden Firmen bereits Jahrzehnte Erfahrung, dafür aber Probleme hat, den heutigen Anforderungen an Vernetzung und Web2.0 zu erfüllen. Polar punktet mit einer deutlich genauen Auswertung. TomTom hat ein grafische ansprechenderes Layout, das auch von Einsteigern gut „verstanden“ wird. TomTom bietet an, dass die Daten beim Überspielen auch gleichzeitig mit dem Portal „mapmyfitness“ gesynct werden.  Auf dem nur englischsprachigen Portal kann ich dann offenbar genauere Analysen vornehmen. Ehrlich gesagt: das hat mich dann nicht mehr interessiert. Entweder alles aus einer Hand oder gar nicht. Großes Manko auf der TomTom-Website: der gesamte knapp zweistündige Lauf wird in eine sehr kleine Grafik gequetscht. Keine Möglichkeit rein oder raus zu zoomen. Das sind dann lustige Linien, anhand derer allerdings keine wirkliche Analyse möglich ist. Da muss TomTom noch nachbessern. Dafür sollte sich Polar abschauen, wie man eine zeitgemäße Anbindung an soziale Netzwerke umsetzt.

Thomas Rottenberg

Fazit: dass die TomTom ohne Brustgurt und extra GPS-Sensor auskommt, ist ihr großes Puls. Daher ist sie als Einsteiger- oder Zweituhr absolut zu empfehlen. Wer hin und wieder außerhalb des Trainingsplans einfach mal eine lockere Runde drehen will und dabei dennoch Puls und KM erfassen möchte, der ist bei der TomTom bestens aufgehoben.

Thomas Rottenberg

Wer jedoch wert auf genaue Auswertung, detailreiche Ansicht während des Laufens/Wettkampfs legt, der wird wohl weiter bei der Polar RCX5 bleiben.

Thomas Rottenberg

Rottenbergs getrackte Tomtom Testfahrt.

Und hier der Referenz-Track von Garmin.

Infos

tomtom.at

Die Tomtom Runner Cardio kostet 269 Euro, die Tomtom Multisport Cardio 299 Euro.


Was Rottenberg sonst noch so treibt:

derrottenberg.com

Thomas Rottenberg