Wien - Die ÖVP will nun doch auf ein Verwertungsverbot für vertrauliche Unterlagen verzichten. Klubchef Reinhold Lopatka hatte vor Beginn der Verhandlungen zur Informationsordnung des Parlaments davon gesprochen, dass neben der Anstiftung zum Geheimnisverrat auch die Beihilfe strafbar sein soll. Ein Sprecher Lopatkas bezeichnete das gegenüber der APA jedoch als "Missverständnis".

"Es geht nur um die Anstiftung", sagte der ÖVP-Klubsprecher. Die Beihilfe zum Geheimnisverrat - also die bloße Veröffentlichung eines Geheimnisses - solle nicht strafbar sein.

Vertreter der sechs Parlamentsparteien haben sich Dienstagvormittag zu Verhandlungen über die geplante Informationsordnung des Parlaments getroffen.

Informationsordnung

Aus Sicht von SPÖ und ÖVP ist die "Informationsordnung" für den Umgang mit vertraulichen Unterlagen Voraussetzung für das Minderheitenrecht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen. Die Verhandlungen über den U-Ausschuss neu gehen am Nachmittag weiter. SP-Klubchef Andreas Schieder rechnet damit, dass es davor nun eine Einigung auf die neuen Geheimhaltungsregeln geben wird.

Schieder hatte bereits am Montag den Verzicht auf das umstrittene "Verwertungsverbot" für vertrauliche Unterlagen durch Medien angekündigt. Stattdessen soll die Beihilfe zum Verrat eines Geheimnisses durch dessen bloße Veröffentlichung nun explizit straffrei gestellt werden.

Lopatka brachte vor Sitzungsbeginn ein "eingeschränktes Verwertungsverbot" vor Sitzungsbeginn aufs Tapet. Später revidierte er dies.

Die Opposition sprach sich vor Beginn der Verhandlungsrunde im Büro von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) klar gegen eine Verschärfung der Verfahrensregeln in U-Ausschüssen aus. Aus Sicht von FPÖ, Grünen und Team Stronach könnten die neuen Geheimhaltungsregeln nämlich dazu führen, dass künftig weniger Sitzungen als bisher öffentlich abgehalten werden dürfen.

"Bestmöglich geheim machen"

Für FP-Chefverhandler Gernot Darmann ist der aktuelle Vorschlag der Koalition für die Informationsordnung ein Beispiel dafür, "wie man einen Untersuchungsausschuss bestmöglich geheim macht". Ein Verwertungsverbot kann er sich für Unterlagen nur vorstellen, wenn sie beispielsweise Angaben über den höchstpersönlichen Lebensbereich eines Bürgers (etwa zur sexuellen Orientierung) enthalten.

Auch Team-Stronach-Vizeklubchefin Waltraud Dietrich forderte, die jetzigen Usancen im U-Ausschuss müssten auch künftig gelten. Verschlechterungen lehnt sie ab.

Der Grüne Dieter Brosz kündigte Widerstand an, "wenn nicht sichergestellt ist, dass öffentliche Sitzungen wie bisher abgehalten werden können". Und wenn sich die Koalition am deutschen Modell orientieren wolle, dann soll sie dem U-Ausschuss auch die Anforderung von privaten Unterlagen erlauben, forderte Brosz.

NEOS-Klubchef Matthias Strolz lobte den am Vortag von der Koalition angekündigten Verzicht auf das Verwertungsverbot. "Die Richtung stimmt", so der Parteigründer - und mit Verweis auf den autoritären Kurs des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán: "Wir wollen nicht einen auf Orbán machen."

Die Verhandlungsrunde zur Informationsordnung ist bis 13.00 Uhr angesetzt. Ab 14.00 Uhr sollen die Klubobleute dann über die Reform des Untersuchungsausschusses verhandeln. (APA, 24.6.2014)