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Auf dem Flughafen Erbil wurde John Kerry von Fuad Hussein, dem Stabschef der kurdischen Regionalregierung, abgeholt.

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US-Außenminister John Kerry traf am Dienstag mit dem Präsidenten der kurdischen Autonomieregion Massud Barsani zusammen.

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Ein Begräbnis nahe der Stadt Kirkuk, wo ISIS-Kämpfer dutzende schiitische Turkmenen getötet haben sollen.

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Kerbala: Frisch rekrutierte schiitische Kämpfer probieren ihre neuen Stiefel an

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Bagdad - Angesichts des Vormarsches der Kämpfer der radikal-islamischen Gruppe ISIS (:Islamischer Staat im Irak und Syrien) im Irak wollen die verfeindeten Schiiten, Sunniten und Kurden nun doch rasch eine gemeinsame Regierung bilden. Das Parlament werde am Dienstag kommender Woche (1. Juli) zusammentreten, sagte US-Außenminister John Kerry dem TV-Sender ABC nach einem Besuch in den kurdischen Autonomiegebieten im Nordirak.

Dort hatte der US-Außenminister die Kurden auch davon abbringen wollen, sich vom irakischen Staatsgebiet abzuspalten und einen eigenen Staat zu gründen.

Kerry hatte zuvor während eines überraschenden Besuches in Bagdad die politische Elite des Landes unter Verweis auf den Vormarsch der ISIS zur Eile gedrängt: "Der Irak steht vor einer existenziellen Bedrohung, und die irakischen Führer müssen dieser Bedrohung mit der gebotenen Eile begegnen", sagte Kerry. Die Bildung einer solchen Regierung sei derzeit die größte Herausforderung des Landes, fügte Kerry am Dienstag in der kurdischen Hauptstadt Erbil hinzu.

40 Militärberater gelandet

Die ersten US-Militärberater, die Washington zur Unterstützung der irakischen Regierung im Kampf gegen die Jihadisten entsenden will, haben ihre Arbeit in dem Krisenland aufgenommen. Die 40 vor einigen Tagen in das Land verlegten Soldaten sollen Stärken und Schwächen der irakischen Streitkräfte prüfen. Unterstützung erhielten sie von 90 Kollegen, die am Dienstag in der Hauptstadt Bagdad eintrafen

USA drohen mit Luftschlägen

Angesichts des Vormarsches der ISIS sind die USA auch vor Abschluss einer Regierungsbildung im Irak zu Militärschlägen bereit. "Sie (die Kämpfer der ISIS, Anm.) stellen eine Gefahr dar", sagte US-Außenminister John Kerry nach Angaben des State Department am Montagabend während eines Besuchs in Bagdad.

Präsident Barack Obama werde sich bei militärischen Schritten im Zweifel nicht davon abhalten lassen, dass die Bildung einer neuen Regierung noch nicht abgeschlossen sei, sagte Kerry. Die USA hatten zuvor angekündigt, das irakische Militär im Kampf gegen die Terrormiliz zu unterstützen. Washington setzt dabei unter anderem auf einen möglichst kurzen Einsatz von rund 300 Soldaten, die als Militärberater in den Irak geschickt werden sollen.

Die USA und die EU drängen darauf, dass sich die Politiker der drei größten Bevölkerungsgruppen - der Schiiten, Sunniten und Kurden - auf eine Regierung der nationalen Einheit verständigen. "Der Irak steht vor einer existenziellen Bedrohung, und die irakischen Führer müssen dieser Bedrohung mit der gebotenen Eile begegnen", sagte Kerry - und zwar nicht in der kommenden Woche oder im kommenden Monat, sondern jetzt.

UNO: Mehr als 1000 Tote in drei Wochen

Bei der Gewalt im Irak sind nach Angaben der UNO im Juni mittlerweile bereits mehr als tausend Menschen getötet worden. Vom 5. bis zum 22. Juni habe es mindestens 1075 Todesopfer und 658 Verletzte gegeben, sagte ein Sprecher des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte am Dienstag vor Journalisten in Genf.

Mutmaßliche Kämpfer der ISIS-Miliz haben zudem nach einem Bericht der "Washington Post" vom Montagabend (Ortszeit) in einer Reihe von Dörfern im Norden des Irak dutzende Menschen getötet. Ein lokaler Polizeichef sprach von mindestens 55 Getöteten, Dutzende werden noch vermisst.

Dorfbewohner sprachen von einem "Massaker". Ziel des Angriffs vor etwa einer Woche seien vier von schiitischen Turkmenen bewohnte Dörfer unweit der Stadt Kirkuk gewesen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Augenzeugen.

Der UN liegen bestätigte Berichte vor, wonach die Armee beim Abzug aus Mossul Granaten in Räume mit Gefangenen geworfen habe.

Kirkuk: Verwaltungschef erschossen

Der Verwaltungschef der nordirakischen Ölstadt Kirkuk ist am Dienstag einem Attentat zum Opfer gefallen. Unbekannte hätten Munir al-Kafili auf dem Heimweg erschossen, sagten übereinstimmend ein Arzt und ein Polizeikommandeur. Al-Kafili war ein bekannter und hoch angesehener Funktionär und leitete den Stadtrat der Vielvölkerstadt Kirkuk.

Ölraffinerie erobert

Die ISIS soll nun zudem die strategisch wichtige Ölraffinerie in Baiji erobert haben. Wie die BBC in der Nacht auf Dienstag berichtete, sollen die Aufständischen die Raffinerie mittlerweile zur Gänze unter ihre Kontrolle gebracht haben. Die Anlage rund 200 Kilometer nördlich von Bagdad war zuvor zehn Tage lang belagert worden. In Baiji befindet sich auch ein Elektrizitätswerk, von dem aus Bagdad mit Strom versorgt wird.

Am Dienstag wurde von Gefechten rund um die Raffinerie berichtet. Wie die Behörden mitteilten, wurden seit den Morgenstunden mehrere Viertel in der Stadt Baiji von irakischen Streitkräften bombardiert. Dabei wurden mindestens 19 Menschen getötet, mindestens 17 weitere Menschen seien verletzt worden.

Das irakische Militär bekommt im Kampf gegen die ISIS-Milizen offenbar Hilfe von der syrischen Armee. Arabische Medien berichteten am Dienstag, syrische Kampfflugzeuge hätten den Ort Al-Kaim im syrisch-irakischen Grenzgebiet bombardiert. Dabei seien mindestens 18 Menschen getötet und mehr als 90 verletzt worden.

Al-Quds-Brigaden übernahmen Iraks Armeeführung

Die iranische Exilopposition (Nationaler Widerstandsrat des Iran-NWRI) behauptet in einer Aussendung, aus "informierten Kreisen" ihres Netzwerks im Iran zu wissen, dass Teile der Al-Quds-Eliteeinheiten der iranischen Armee im Irak die Armeeführung im Kampf gegen die ISIS übernommen haben. Demnach soll sich Maliki mit der Bitte um Hilfe an die schiitischen Glaubensbrüder im Nachbarland gewendet haben, um sein politisches Überleben zu sichern. Der Geistliche Oberste Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei soll infolge des Gesuchs angeordnet haben, der irakischen Führung Beistand zu leisten.

Die EU stockte unterdessen ihre humanitäre Hilfe für den Irak um fünf auf zwölf Millionen Euro auf. Die EU-Außenminister beschlossen bei ihrem Treffen in Luxemburg, mit der Finanzspritze vor allem der stark betroffenen kurdischen Region im Irak beizustehen, wo hunderttausende Flüchtlinge untergekommen sind. Die Außenminister verurteilten den Vormarsch der ISIS-Jihadisten scharf. (APA, 24.6.2014)