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Bischof Piotr Libera zelebrierte die erste Bußmesse Polens zum Gedenken an die Opfer sexuellen Missbrauchs durch Geistliche.

Foto: EPA/STANISLAW ROZPEDZIK

In der Krakauer Herz-Jesu-Basilika hielten alle den Atem an, als Bischof Piotr Libera aus dem Brief eines Mädchens vorlas, das von einem Priester missbraucht worden war: "Ohne von mir abzulassen, antwortete er auf meinen Widerstand. 'Es geschieht dir nichts Schlimmes, schließlich bin ich Priester'. Er fummelte an mir herum und machte Fotos." Am nächsten Tag hätten die gleichen Finger ihr die heilige Hostie auf die Zunge gelegt.

Zum ersten Mal befassten sich vergangenes Wochenende Polens Geistliche offiziell mit dem Thema "Wie verhindern und wie reagieren wir auf Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche?" Eingeladen zur zweitägigen Konferenz waren auch Missbrauchsopfer. "Beschämt bitten wir um Vergebung. Wir bitten Gott, und wir bitten die Menschen, die durch Priester Leid erfahren haben", sagte Bischof Libera.

"Das Böse in uns selbst"

Allzu lange hätten polnischen Kirchenführer so getan, als sei Missbrauch in den klerikalen Reihen ein Problem anderer Länder. "Voller Scham sehen wir, dass das Böse in uns selbst ist", so Libera. Das Schweigen solle nun ein Ende haben.

Nicht teilgenommen an dem Bußgottesdienst hatte allerdings Erzbischof Jozef Michalik, Vorsitzender der polnischen Bischofskonferenz. 2013 hatte Michalik behauptete, dass die Kinder selbst schuld seien, wenn sie sexuell missbraucht würden. Zwar entschuldigte er sich für diese Aussage, doch die Empörung ebbte nur langsam ab.

Auch wenn die meisten Opfer das Schuldeingeständnis der katholischen Kirche gutheißen, erwarten sie doch mehr: eine strafrechtliche Verfolgung der Täter und eine finanzielle Entschädigung. Dies jedoch lehnt die Kirche vehement ab. (Gabriele Lesser aus Warschau, DER STANDARD, 24.6.2014)