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Wer den Doktortitel erwerben möchte, der muss jedoch an eine Universität wechseln und braucht dort einen Betreuer.

Foto: ap/SARBACH

Es ist nicht so, dass Absolventen einer Fachhochschule in Deutschland gar nicht promovieren können. Wer den Doktortitel erwerben möchte, der muss jedoch an eine Universität wechseln und braucht dort einen Betreuer. An einer Fachhochschule kann man derzeit nämlich noch nicht promovieren.

Doch der Umstieg ist nicht immer einfach. Zwar hat die Kultusministerkonferenz (der Zusammenschluss der Landesminister für Bildung) im Jahr 2000 den Zugang zur Promotion geregelt und erklärt: "Master-Abschlüsse an Fachhochschulen und Universitäten sind gleichrangig". Doch in der Praxis müssen Studenten, die von der Fachhochschule kommen, an den Universitäten oft noch zeitraubende Eignungsprüfungen absolvieren, bevor sie überhaupt den Fuß in die Türe bekommen.

In einigen Bundesländern will man das nicht länger hinnehmen und Fachhochschulen gleich das Promotionsrecht geben. Das rot-grün regierte Schleswig-Holstein plant dies für das Jahr 2015. Die vielzitierte Aufteilung, der zufolge die Universitäten für die Forschung zuständig sein sollen, die FHs für die praktische Ausbildung, will die parteilose Wissenschaftsministerin Waltraud Wende nicht gelten lassen.

"Das ist heute ein alter Zopf", sagt sie, "an Fachhochschulen wird genauso geforscht wie an Universitäten. Zwischen der eher anwendungsorientierten Forschung der FHs und der eher grundlagenorientierten Forschung der Unis gibt es keinen Relevanzunterschied. Für mich gibt es nur Forschung - nicht Forschung erster und zweiter Klasse."

Ähnliche Überlegungen gibt es im schwarz-grün regierten Hessen und im grün-roten Baden-Württemberg. Doch das bedeutet nicht, dass eines Tages automatisch jede Fachhochschule in Deutschland Doktoren hervorbringen kann. "Wir wollen das Promotionsrecht nicht mit der Gießkanne verteilen. Wir sagen aber, dass forschungsstarke Bereiche ein eigenständiges Promotionsrecht erhalten sollen", erklärt Hessens Wissenschaftsminister Boris Rhein (CDU).

Universitäten sind skeptisch

Bei den Universitäten kommt dieser Vorstoß nicht gut an. Horst Hippler, der Präsident der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz (HRE), findet, dass das Promotionsrecht dort bleiben soll, wo es immer schon war - bei den Universitäten.

"Es kann nicht sein, dass eine Fachhochschule eine Promotion unterschreibt. Wer Fachhochschulen das Promotionsrecht geben will, der muss sie auch zu Universitäten machen", erklärt er. Denn die deutschen Fachhochschulen hätten gar nicht die finanziellen und personellen Möglichkeiten, um Doktoranden ausreichend zu betreuen.

Hippler steht mit seiner Meinung nicht allein da. Mittlerweile ist um die Frage "Promotionsrecht für Fachhochschulen" ein regelrechter Glaubenskrieg entbrannt. Wenn auch Fachhochschulen Doktortitel verleihen könnten, dann werde die Uni "ihres Markenkerns beraubt", erklärt Michael Hartmer, der Geschäftsführer des Deutschen Hochschulverbandes (DHV), der die Interessen von 30.000 Universitätsangestellten vertritt.

Naturgemäß anders sehen dies die Fachhochschulen - wenngleich nicht alle auf das Promotionsrecht aus sind. Manche, vor allem kleine Einrichtungen, wollen auf jeden Fall beim Status quo bleiben. "Es geht uns überhaupt nicht darum, dass wir ein generelles Promotionsrecht bekommen", betont Micha Teuscher, Sprecher der Mitgliedergruppe Fachhochschulen in der HRK und Rektor der FH Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern).

Keine Statusfrage für die FH

Doch es gebe Bereiche, in denen es unumgänglich sei, dass auch Fachhochschulen künftig den Doktorhut vergeben. "An den großen Fachhochschulen, etwa in Köln oder München, lehren 500 Professoren", sagt Teuscher. Es sei "keine Statusfrage", dass auch dort Doktorarbeiten verfasst werden sollen, da auch geforscht werde.

Außerdem gebe es Bereiche, die an den Universitäten zu wenig vorkämen, etwa Pflege, Gesundheitsmanagement, Kindergarten-Erziehung. In diesem Sektor seien die Fachhochschulen stark, also sollte man dort auch promovieren können.

Teuscher fordert aber "klare Qualitätskriterien" für FHs, die dieses Neuland betreten wollen: ausreichend Professoren für das jeweilige Fach, nicht mehr Lehrbelastung für die Professoren, damit diese auch forschen können.

In den vergangenen Jahren haben immer mehr FHs in Kooperation mit Universitäten Doktortitel verliehen. 2009 bis 2011 bekamen 836 Absolventen einen solchen, das waren 266 mehr als im Erhebungszeitraum 2006-2008. Und dennoch ist diese Zahl sehr gering im Vergleich zu den Universitäten. Dort wurden 2011 mehr als 26.000 Promotionen abgeschlossen. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 21.6.2014)