Paris/Wien - Der luxemburgische Regierungschef und EVP-Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker kann bei seiner Kandidatur für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten auf die Unterstützung der sozialistischen Staats- und Regierungschefs in Europa zählen. Dies erklärten der französische Präsident Francois Hollande und der deutsche SPD-Chef Sigmar Gabriel am Samstagnachmittag in Paris.

Zudem forderten die Sozialdemokraten eine flexiblere Auslegung der Regeln zum Defizitabbau in Europa. Die "Formel Reformen gegen Zeit beim Defizitabbau" sei bei "von allen mitgetragen worden", sagte Gabriel. Es solle aber keine Änderungen am Regelwerk des Stabilitätspaktes geben.

Sozialdemokrat soll Ratspräsident werden

Die beiden Sozialisten hatten die neun sozialdemokratischen Staats- und Regierungschefs Europas für Samstag zu einem Treffen im Pariser Hotel Marigny geladen, um den EU-Gipfel Ende kommender Woche in Brüssel vorzubereiten. Es wird damit gerechnet, dass die EU-Staats- und Regierungschefs dort, trotz des Widerstand des Briten David Cameron, Juncker für das Amt des Kommissionschefs nominieren.

Im Gegenzug soll ein Sozialdemokrat dem bisherigen EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy nachfolgen. Als Favoriten für den Posten gelten unter anderem die dänische Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt, der frühere italienische Regierungschef Enrico Letta oder der französische Ex-Premier Jean-Marc Ayrault.

Man erwarte angesichts der Unterstützung für Juncker, "dass andere Funktionen von den Sozialdemokraten und Sozialisten in Europa besetzt werden." Wenn ein Konservativer Kommissionspräsident sei, müsse etwa der Vizepräsident ein Sozialdemokrat werden, fügte Gabriel am Samstag hinzu.

Auch Faymann in Paris

Neben Hollande, Gabriel und Thorning-Schmidt nahmen auch der Italiener Mario Renzi, der Rumäne Victor Ponta, der Slowake Robert Fico, der Tscheche Bohuslav Sobotka, der Maltese Joseph Muscat und er Belgier Elio Di Rupa an dem Treffen teil. Aus Österreich war Bundeskanzler Werner Faymann angereist. Dieser hatte sich bereits in der Vergangenheit mehrfach für Juncker als Kommissionspräsident ausgesprochen. Auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz kam nach Paris.

Vor dem Treffen im großen Kreis hatte zudem ein bilaterales Gespräch zwischen Hollande und Renzi stattgefunden. Wie AFP unter Verweis auf europäische Kreise berichtete, wollten die Staats- und Regierungschefs in Paris auch den ambitionierten jungen italienischen Regierungschef bremsen, der zuletzt immer wieder auf eine Aufweichung des EU-Stabilitätspaktes gedrängt hatte. Damit war er bei seinen konservativen Kollegen und Van Rompuy jedoch auf herbe Ablehnung gestoßen.  (APA/AFP, 21.6.2014)