"Klimamönch" statt "Klimaheiliger": Autor Edmund Brandner.

Foto: Volker Weihbold

Als Edmund Brandner in der kirchlich-pädagogischen Hochschule Krems das Rednerpult betritt, stellt er zunächst klar: „Ich bin kein Klimaexperte“. Dabei hat der oberösterreichische Journalist ein Jahr lang „all das gemacht, was die Klimaschützer ständig von uns verlangen“. 

2010 begann Brandner mit seinem Experiment und schrieb dazu eine Kolumne für die Oberösterreichischen Nachrichten, in der er sich selbst als „Klimamönch“ bezeichnete, „denn Mönche behaupten immer, sie leben enthaltsam, obwohl wir wissen, dass sie es eh nicht tun.“  Lacher aus dem Publikum. „Aber sie bemühen sich!“, und genau darum sei es ihm gegangen.

Doch als Brandner beginnt, das große Klimadiagramm hinter ihm an der Wand zu erklären, wird der Journalist ernst. Die Grafik zeigt, wie der CO2-Gehalt der Atmosphäre rapide angestiegen ist, seit die Menschen angefangen haben, Kohle und Erdöl zu fördern.

Fünf Regeln für ein nachhaltiges Leben

„Die Auswirkungen treffen  vor allem die Länder, die eigentlich überhaupt nichts dafür können“, sagt Brandner. Dürrekatastrophen in Afrika, Gefährdung der Küstenbewohner durch den steigenden Meeresspiegel, Zerstörung Lebensgrundlagen: Brandner spricht viele Dinge an, die Klimaforschern Sorgen bereiten. Um den Klimawandel in den Griff zu bekommen, dürfte laut Experten in einem Jahr pro Kopf nur maximal 2,5 Tonnen CO2 verbrauchen. Der durchschnittliche CO2-Ausstoß eines Österreichers beträgt jedoch 11,5 Tonnen.

Wie muss man seinen Alltag ändern, um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen? Brandner nennt fünf Dinge, die er während seines Selbstversuches umgesetzt hat.

In der ersten Woche des neuen Jahres verkauft er sein Auto und fährt von nun an jeden Tag mit dem Fahrrad in die Arbeit. Auch wenn nicht jeder den Luxus habe, auf sein Auto zu verzichten, seien fast 50% aller Autofahrten kürzer als fünf Kilometer und damit laut Brandner vermeidbar. Dennoch gibt der Klimamönch zu, dass auch er zu diesem Vortrag mit dem  Auto seiner Frau nach Niederösterreich angereist ist. Manchmal müsse man eben Kompromisse eingehen. „Im Alltag geht mir das Auto aber gar nicht ab“, sagt Brandner.

Scheitern beim Fleischverzicht

Der nächste Punkt betrifft ebenfalls die Mobilität: Flugreisen. Pro Kilometer verursacht ein Flugzeug satte 390 Gramm CO2-Emmissionen. Zum Vergleich: ein PKW verursacht nur etwa  150 Gramm auf derselben Strecke. „Man kann also relativ einfach viel CO2 sparen, indem man auf das Fliegen verzichtet.“ Als drittes nennt Brandner effizientes Heizen und Isolieren. Für ihn wäre das kein Problem, denn er habe sich damals ein Niedrigenergiehaus gekauft, heizt mit Pellets und hat eine Solaranlage für Warmwasser. „Ich habe das ursprünglich nur wegen dem Geld gemacht und es ist mir dann in den Schoß gefallen, als ich das Klima retten wollte.“

Wesentlich komplizierter wurde es für ihn bei der Ernährung, denn „da bin ich gescheitert.“  Klimafreundliche Nahrung sollte regional sein, saisonal, biologisch und bestenfalls vegetarisch. Brandner nennt zwei wichtige Gründe, die für Fleischverzicht sprechen: die Abholzung des Regenwaldes, um Weidefläche zu gewinnen; und die Freisetzung von Methangas bei der Rinderzucht – ein Treibhausgas das 23 Mal so schädlich ist wie CO2.

Weil er selber jedoch nicht ganz auf Fleisch verzichten wollte, habe er als Kompromisslösung beschlossen, nur mehr am Wochenende Fleisch zu essen. „Das habe ich ungefähr eineinhalb Wochen lang geschafft.“ Diese  Aussage zeigt auch, warum er sich selbst „Klimamönch“ und nicht „Klimaheiliger“ nennt.

Kein Konsumboykott

Beim fünften und letzten Punkt geht es um das Thema Konsum. Heutzutage werden noch funktionstüchtige Handys ersetzt, weil sie nach zwei Jahren veraltet sind. Zudem erwerben wir viele Produkte, nicht weil wir sie wirklich benötigen, sondern weil sie billig sind. Dennoch plädiert Brandner nicht für den Konsumboykott: „Es geht nicht darum, dass man weniger kauft, sondern darum, dass man intelligenter kauft.“ Also beim Nahversorger einkaufen statt im Supermarkt, auf Ökostrom umzustellen und beim Autofahren generell öfter vom Gaspedal zu steigen.

Doch was hat Brandner mit diesen Maßnahmen tatsächlich erreicht? Sein Ziel, die CO2-Emissionen auf 2,5 Tonnen zu reduzieren, hat er klar verfehlt, am Ende des Jahres konnte er immer noch eine CO2-Bilanz von 4,5 Tonnen vorweisen. Aber das habe ihn am Ende gar nicht groß gestört, meint Brandner, denn er habe etwas Wichtiges gelernt: „Wenn man das Klima schützen will, muss man zwar vom Lebensstandard hergeben – aber Lebensstandard und Lebensqualität, das sind zwei verschiedene Sachen.“ (20.6.2014, derStandard.at)