Bild nicht mehr verfügbar.

Finanzminister Michael Spindelegger (re.) beruft sich bei der Hypo-Haircut-Lösung auch auf ein Papier der Notenbank unter Ewald Nowotny (li.).

Foto: APA/Neubauer

Wien - Das Papier wurde zuletzt oft zitiert, bekannt ist es kaum jemandem, und die Opposition verlangt seine Veröffentlichung. Es geht um jenes "Gutachten" der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), das Finanzminister Michael Spindelegger als Argumentarium für die Gläubigerrasur bei der Hypo verwendet. Die Notenbank halte, so heißt es bei den Verteidigern des Schuldenschnitts, die Risiken des Unterfangens für überschaubar.

Tatsächlich löste der Gesetzesentwurf einen Sturm aus, Standard & Poor's droht vier Bundesländern und sieben Banken die Herabstufung an. Klagen wurden angekündigt. OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny rückte beschwichtigend aus. Es handle sich "um einen ganz speziellen Sonderfall, in dem man nachrangige Gläubiger anders behandeln darf", sagte er, die "prinzipielle Bereitschaft" Österreichs, zu Garantien zu stehen, sei ja nicht infrage gestellt.

In der "Stellungnahme" der OeNB an Spindelegger liest sich all das ein wenig kritischer. Die Notenbanker konnten, "weil lediglich das Pfingstwochenende zur Verfügung stand", nur "eine Grobeinschätzung" abgeben. Als "Institution, die den Prinzipien der Stabilität und Sicherheit verpflichtet ist", werde "prinzipiell die Auffassung vertreten, dass durch Gesetz nicht nachträgliche Regelungen eingeführt werden sollten, die in erworbene Rechte Dritter eingreifen". Im konkreten Fall verstehe man "diese Eingriffe als Versuch, hier im Wege einer differenzierten Vorgehensweise eingeschränkt auf den speziellen Fall der Hypo Alpe Adria (...) eine Beitragsleistung zu den durch die Hypo Alpe Adria verursachten Kosten (...) zu erreichen".

Allerdings wies die OeNB dann doch auf etliche "potenzielle Auswirkungen" hin: So sei die "Verteuerung der Refinanzierungskosten der Abbaueinheit - aufgrund der möglichen Verunsicherung von potenziellen Investoren - denkbar". Was die Garantie des Landes Kärnten betrifft, sehen die Notenbanker durchaus eine Ansteckungsgefahr auf andere Landeshaftungen. Die Notenbanker warnen, dass "hinsichtlich derer Zweifel an ihrer Werthaltigkeit und ihrer Rechtssicherheit entstehen könnten". Zudem sei "nicht auszuschließen, dass sich in weiterer Folge die Refinanzierungskonditionen für Länder, Gemeinden, öffentliche Unternehmen sowie Unternehmen, die derzeit Landes- und Gemeindehaftungen nützen, verteuern".

Kommunikation ist alles

Auch mit der Ansteckungsgefahr für "den Bund und bundesgarantierte Emittenten" hat sich die OeNB zu Pfingsten beschäftigt und gleich auch die Kommunikationsstrategie vorgeschlagen. "Um negative Auswirkungen auf den Bund zu vermeiden", werde es wichtig sein, "die Investoren davon zu überzeugen, dass die mit dem geplanten Bundesgesetz vorgenommenen Eingriffe keinen Präzedenzfall für mögliche zukünftige Eingriffe auch in andere Haftungsverhältnisse darstellen". "Essenziell" sei daher die Kommunikation durch den Bund, "dass es sich beim Sanierungsgesetz um einen einmaligen Sonderfall handelt und der Bund jedenfalls zu seinen Verpflichtungen steht", heißt es in dem Brief, der dem Standard vorliegt.

Die Annahme des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, dass landesbehaftete Forderungen als "mündelsicher" gelten, erfahre durch das Gesetz "zumindest eine gewisse Aufweichung". Und: Dass die Ratingagenturen das auch so sehen, könnte "zu einer umfassenden Neubewertung sämtlicher Haftungen von Gebietskörperschaften führen", warnen die Banker.

Genau dies geschah am Freitag: Gewährträgerbehaftete Schuldverschreibungen - darunter auch vorrangige Anleihen - von elf Banken werden "sehr weit hinuntergesetzt", sagte eine Vertreterin der Ratingagentur Moody's. Die Kommunalkredit legte das Moody's-Rating gleich zurück.

Dass der Notenbankgouverneur die Sache in der Öffentlichkeit zu positiv dargestellt hat, sieht ein OeNB-Sprecher nicht. Nowotny habe sehr wohl auch die Gefahren des Haircut adressiert.  (Renate Graber, DER STANDARD, 21.6.2014)