Wien - Auch wenn die meisten Augen auf in Brasilien rollende Kugeln gerichtet sind: Österreichs Glücksspiel-Szene fiebert dem Finale im Rennen um drei Lizenzen in Wien und Niederösterreich entgegen. Es geht nicht nur um drei Spielbanken, sondern um politischen Einfluss und viel Geld. Die Fronten verlaufen zwischen den beiden Platzhirschen Casinos Austria und Novomatic sowie zwischen den involvierten zwei Ländern und dem Bund.
Geht es nach dem im Finanzministerium angesiedelten Beirat, sollte Casinos Austria (Casag) den Jackpot knacken. Das indirekt zu einem Drittel im Staatsbesitz stehende Unternehmen erhielte den Zuschlag für seine Bewerbungen im Wiener Prater beim Riesenrad, im 15. Bezirk und in Krems. Inklusive den bereits gewonnenen Lizenzen für Lotterien, zwölf Kasinos und Online-Spiel bliebe der Monopolist weiterhin die Spielbank ihrer Republik. Für den Weltkonzern Novomatic wären die Folgen heftig, auch wenn der vom Magazin Forbes auf ein Vermögen von 6,6 Milliarden Dollar geschätzte Firmengründer Johann Graf nicht verarmen würde.
Das Delikate an der Sache: In Wien fällt mit Jahresende das Kleine Glücksspiel. Ohne Bundeslizenz müsste der in Gumpoldskirchen südlich der Hauptstadt sitzende Konzern seine Automaten im Würstel- und Böhmischen Prater abtransportieren. Das wäre angesichts der vorzüglichen politischen Kontakte des Unternehmens eine echte Überraschung.
Ins Rennen geschickt wurden bereits Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll und sein Wiener Amtskollege Michael Häupl. Ersterer setzt sich bei seinem Landsmann, Finanzminister Michael Spindelegger, für den von Novomatic präferierten Standort Bruck an der Leitha ein. Von Häupl ist zwar keine Intervention bekannt, dass der Wiener Bürgermeister vom Fortbestand der Novomatic-Spielhölle zumindest im Prater ausgeht, daraus macht er freilich keinen Hehl.
Qual der Wahl
Spindelegger hat nun die Qual der Wahl. Umgeht er Novomatic, verärgert er die beiden mächtigsten Landesfürsten. Kommt der niederösterreichische Konzern zum Zug, setzt er sich über die Beiratsempfehlung hinweg und schadet der Casag, deren Drittel-Beteiligung der Münze Österreich (gehört via Notenbank der Republik) raschest versilbert werden soll.
Hilfreich wären gesicherte Einnahmen für die Casinos Austria jedenfalls, hat die vor allem im Ausland glücklos agierende Gruppe doch im Vorjahr wegen des Entzugs der Konzession in Argentinien 16,3 Millionen Euro Verlust eingespielt. Grund des 45 Millionen Euro an Wertberichtigungen teuren Rauswurfs war übrigens ausgerechnet ein Aspekt, der bei den Kriterien für die jetzige Lizenzentscheidung eine große Rolle spielt: Geldwäsche. Die Entscheidung ist zwar rechtskräftig, allerdings hat der Konzern Nichtigkeit angemeldet. Er betont, dass es sich nicht um tatsächliche Geldwäsche, sondern um die Einhaltung von Dokumentationspflichten bei der Auszahlung von Gewinnen handle.
Die Casag-Tochter Casinos Austria International fuhr folglich im Vorjahr einen Verlust von 53 Millionen ein, die Mutter musste mit einem Zuschuss von 38 Millionen Euro einspringen. Dass sich die Lage bessert, hängt nicht zuletzt von einem heiklen Vertrag mit einem Geschäftspartner ab. CAI hat einer Gesellschaft des Glücksspielkonzerns Queenco zugesagt, Anteile an einem Gemeinschaftsunternehmen namens Powerbrook (betreibt die früheren Casag-Standorte Loutraki und Belgrad) um 49,5 Mio. Euro zu kaufen. Die Queenco-Firma hat die Put-Option ausgeübt, CAI will mit 24 Millionen das Auslangen finden und hat diesen Betrag auch in der Bilanz rückgestellt.
Auf Augenhöhe begegnen sich Novomatic und Casag, wenn es um die Involvierung in Affären geht. Die zu Casinos Austria zählenden Lotterien haben 2006 ein "Gutachten" bei der BZÖ-Agentur Orange in Auftrag gegeben. Novomatic engagierte just zu dieser Zeit, in der eine (dann gescheiterte) Liberalisierung des Glücksspielgesetzes geplant war, die Vertrauten des damaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser: die Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger. (as, DER STANDARD, 21.6.2014)